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Kultur: Aber bitte mehr Mitte!

Potsdamer Maler sehen ihre Stadt: Eine Ausstellung in der Galerie Samtleben

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Der Ausstellungsort ist eine Notlösung. Und auch das passt irgendwie zum Thema: die Potsdamer Mitte. Eigentlich wollte das Forum Bildende Kunst seine malerischen Sichten zur Innenstadt-Gestaltung in der Galerie am Nikolaisaal zeigen. Denn dort lud man gestern Abend bei „Klassik plus Gespräch“ ebenfalls zur Auseinandersetzung mit Potsdams Historischer Mitte. Da hätte die hiesige Malergilde einen trefflichen Farbtupfer beisteuern können. Doch das Interesse der Nikolaisaal-Betreiber war gleich Null, musste Forums-Chefin Ute Samtleben auch hier konstatieren. „Wie insgesamt ein Andocken des Forums an die dortige Galerie rigoros ausgeschlagen wurde.“

Nun ist die Ausstellung „Potsdam, aber bitte mehr Mitte“ in der Galerie Samtleben zu sehen. „Und damit bin ich bei mir selbst zu Gast.“ 15 Künstler vereint die Schau und schlägt dabei einen Bogen bis in die 30er Jahre zurück, als noch Otto Heinrich eine intakte und lebendige historische Mitte auf seine Leinwand bannen konnte. Ralf Maturas an der Decke baumelndes Mobile „Wir können es“ bringt indes das heutige Dilemma mit einem Augenzwinkern auf den Punkt. Er malte eine alte Potsdamer Stadtlandschaft minutiös nach und schnitt sie schließlich auseinander. Dann drehte er die eine Hälfte auf den Kopf und nähte sie rücklings mit rotem Faden wieder locker dran. Alles halb, alles falsch – so sein satirisch angelegtes Resümee auf die Wiederbelebungsversuche der alten Mitte. Dem gegenüber ist das ausladende, ganz aktuelle Gemälde von Michael Otto zu sehen: Sein „Potsdam zentral“ zeigt die Ausgrabungen am Alten Markt mit blauem Dixi-Klo im Zentrum. Kraterförmig durchziehen die Gräben das vieldiskutierte Areal. Alles auf dem Bild ist in Erstarrung. Das pittoresk anmutende Fortunaportal wird geradezu erdrückt von dem FH-Plattenbau-Kasten.

Fast noch feucht ist die Farbe auf Claudia Hauptmanns Ölbild „Mein Hauseingang“. Das grün-blau-changierende Tor ist weit geöffnet und wirkt wie eine Einladung. Gern betritt man mit dem Auge das barocke Treppenhaus, in dem ein Mädchen mit Cello auf den ausgetretenen Stufen steht. Doch der Blick spaziert weiter: hinein in die Tiefe des Hinterhofs, der wunderbar ausgeleuchtet ist und das stimmungsvolle Porträt noch unsanierter Häuser in der Charlottenstraße zeichnet. Natürlich dürfen in dieser Ausstellung um die Innenstadt die charismatischen Bilder von Barbara Raetsch nicht fehlen, die den morbiden Häusern in gedeckten Braun- und Rottönen geradezu eine Liebeserklärung macht. Und auch Peter Rohns warmherziger „Blick aus dem Potsdamer Kulturhaus“ von 1966 lässt die Gedanken wie seine bunten Karussells auf dem Alten Markt munter kreisen. Gern wünscht man dem Platz diese Lebendigkeit zurück. Und gern würde man auch wieder neue Bilder Peter Rohns zu seiner Stadt sehen. Wie auch von Wolfgang Liebert, der mit seinem „Paar“ der Ausstellung sehr leise, intime Töne beimischt.

Als eine Wächterin über das Gedeihen der historischen Gemäuer mutet inmitten der Stadt-Sichten das Porträt von Saskia Hüneke an, der unverdrossenen Kämpfernatur, die in der Malerei Claudia Hauptmanns fast sanftmütige Züge trägt. „Potsdam, aber bitte mehr Mitte“ bezieht Position – vielstimmig – auch an diesem Ort.

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