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Kurt Krömer mit seiner Show im Nikolaisaal Potsdam: Abknutschen und dann verdonnern

Er ist die wandelnde Schlagfertigkeit, die Idealverkörperung des rücksichtslos großklappigen Berliners, der austeilt, bevor er einsteckt. Obwohl man es Kurt Krömer kaum anmerkt, gehört er zum alten Eisen der Alleinunterhalter: Mehr als 20 Jahre steht er schon auf der Bühne, kein Wunder also, dass seine Show mit dem klangvollen Namen „Heute stimmt alles“ im Nikolaisaal sowohl am Mittwoch, als auch am Donnerstag ausverkauft war.

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Er ist die wandelnde Schlagfertigkeit, die Idealverkörperung des rücksichtslos großklappigen Berliners, der austeilt, bevor er einsteckt. Obwohl man es Kurt Krömer kaum anmerkt, gehört er zum alten Eisen der Alleinunterhalter: Mehr als 20 Jahre steht er schon auf der Bühne, kein Wunder also, dass seine Show mit dem klangvollen Namen „Heute stimmt alles“ im Nikolaisaal sowohl am Mittwoch, als auch am Donnerstag ausverkauft war. Krömer gehört zum Inventar des viel gepriesenen Buletten-Logorrhöe. Nun, wer viel redet, muss nicht zwangsläufig gut sein, auf Krömer trifft das jedoch nicht zu.

Eine gewisse Skepsis ob zu viel plattem Redeschwall mag vielleicht daran liegen, dass man den Kerl in den unpassenden Klamotten – am Mittwoch: grauer Übergrößensakko, türkisenes Hemd, bunte Krawatte – zu schnell in einen Topf mit der unsäglichen Quarktasche Mario Barth wirft, wenn man den Berliner Akzent als Paradigma verwendet. Völlig zu Unrecht: Krömer, der eigentlich Alexander Bojcan heißt und sich nur eine Kunstfigur geschaffen hat, die er nach einem ehemaligen Lehrer benannte, jongliert zwar auch mit Stereotypen, berücksichtigt jedoch deren Komplexität. Und bricht die vierte Wand zum Publikum: „Mal sehen, was uns die Katze vor die Tür jelegt hat“, schnauft er in seiner näselnden Nörgelprosodie, als er von der Bühne in den Publikumsbereich springt. Pech für einen Andreas aus Gorgast: Der wird nicht nur abgeknutscht und abgeleckt, sondern gleich barsch dazu verdonnert, diese Liebesbotschaft in die Meute zu tragen. Viel Spaß dabei. Das Publikum tobt.

Nein, es biegt sich vor Lachen: weil es sich auch wiederfindet in den cholerischen Erzählungen über Handwerker, die der Fugengröße zu viel Bedeutung beimessen, oder in der Abrechnung mit der Berliner Stadtreinigung, der man „in Schlüppern“ auf der Straße mit acht gelben Säcken hinterherrennt, weil man – um im Duktus der Müllabfuhr zu bleiben – im „Sacksammelgebiet“ wohnt. Ein wenig blinzelt da Krömers Vergangenheit auf; die Karriere des 43-Jährigen begann mit abgebrochenen Lehren und Aushilfsjobs im Reinigungsdienst, bevor der Fokus wie jetzt auf Kinder und Eigenheime gelegt werden kann. Zeiten ändern sich.

Aber nicht unbedingt zum Schlechten: Denn die Rolle des Cholerikers, der mit hochrotem Kopf alles wegbeleidigt, was sich ihm in den Weg stellt, hat Krömer längst perfektioniert. Schimpfen, krächzen, husten, sich auf der Bühne in den Stuhl fallen lassen: „Erst mal eine quarzen!“ Geht ja nur auf der Bühne, in der Garderobe dürfe er nämlich nicht. Und manchmal ist er von so viel negativer Energie schlicht selbst überwältigt – und ein Grinsen zuckt sich aus den Mundwinkeln übers ganze Gesicht: „Wenn ick aggressiv werde, muss ick lachen“, blafft er. „Ick war sojar schon in der Charité deswejen!“

Dass Krömer mittlerweile seinen Rückzug vom Fernsehen beschlossen hat, ist schlicht konsequent: Das Scheinwerferlicht wirkt attraktiver als die Kamera, vor der er jahrzehntelang für diverse TV-Sender herumsprang. Es zieht ihn selbstredend auf die Theaterbühnen. Bestimmt ist er dort gut aufgehoben. O. Dietrich

Oliver Dietrich

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