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Brachten die Flammenhölle nach Babelsberg: die Jungs aus München.

© promo

Kultur: Abrissparty

Emil Bulls knallhart im Lindenpark

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Eines kann man der bereits 1995 gegründeten Nu Metal/Crossover-Band Emil Bulls jedenfalls nicht vorwerfen: dass sie ihrem Stil nicht treu bleiben. Wenngleich das neue Album „Oceanic“ auch recht brachial rüberkommt, so hat es doch eindeutig das Prädikat „Waschechtes Emil-Bulls-Werk“ verdient. Zumal, wenn man bedenkt, dass aus dem Crossover-Boom der 90er Jahre nicht allzu viele Vertreter überlebt haben, geschweige denn noch derart aktiv sind.

Und dass die Münchner nichts von ihrem Potenzial eingebüßt haben und auch in der Nachfolgegeneration noch eine beeindruckende Fanbase haben, war im Lindenpark offensichtlich. Und sie waren zwar die dienstälteste Band des Abends, von Altersschwäche war dennoch nichts zu spüren. Auch wenn die Vorbands – besonders Unleash The Sky - schon gut angeheizt hatten, brachten Emil Bulls spätestens mit „Here comes the fire“ die wahre Flammenhölle nach Babelsberg. Da wurde auch seitens des Veranstalters nicht protestiert, als Sänger Christoph von Freydorf zu einer „Abrissparty“ aufrief.

Und ja, es war schon sehr brachial, was da von der Bühne gepustet wurde. Und das lag neben gut tiefgestimmten Gitarren und Nackenbrecher-Rhythmen auch daran, dass die Gesangs-Cleanparts deutlich heiserer als auf den Studioversionen rüberkamen. Nun sind Live-Bedingungen ja grundsätzlich härter als die wohlige Wärme eines Studios, innerlich dankte man allerdings, nicht dem doch oft recht quäkigen Obertongesang ausgeliefert zu sein – auch wenn der Cleangesang als Opposition zu den Shouts zum Markenzeichen der Emil Bulls gehört. Christoph von Freydorf liegen die kraftvollen Parts jedenfalls viel besser, die ins Mikro gebellten Attacken hatten fast Slayer-Qualität und auch die stimmliche Unterstützung von Bassist Jamie Richardson goss nochmals Öl ins Moshpit-Feuer.

Und der Moshpit hatte es in sich, das erste Opfer humpelte gestützt bereits nach dem Opener aus dem Ring. Wenn das gleißend-blendende Licht ins Publikum fiel – leider viel zu oft – sah man eine einzige Bewegung der Massen, von denen die meisten auch bei den neuesten Songs auffällig textfest mitsangen. Höhepunkt der Gruppendynamik war dann die Inszenierung der „Wall of Death“ zum Song „Wolds Apart“ – bei der zwei gleichgroße Gruppen auf Kommando im Pit aufeinander zurannten. Das konnte dann nur noch durch die kollektive Sitzblockade gegen Ende des Konzerts getoppt werden.

Schon dachte man, als die Emil Bulls kurz nach halb elf die Bühne verließen, dass, wer sich so verausgabt, auch keine stundenlange Show hinlegen würde können. Aber da hatte man sich gewaltig getäuscht: „Potsdam ist hart im Nehmen, wir müssen sie plattmachen!“ - und flugs standen sie wieder auf der Bühne und fuhren zunächst einen Gang langsamer. Man sah sogar Feuerzeuge in der Luft, wobei das, was bei normalen Rockkonzerten als brutal rüberkommen würde, hier schon fast etwas Melancholisches hatte. Und lange erwartet kam sie dann auch: die a-ha-Coverversion von „Take on Me“, mit der die Emil Bulls 2001 sogar eine Singlecharts-Platzierung erreichten. Man hätte es ihnen auch nicht verziehen, wenn sie diesen Crossover-Gassenhauer unterschlagen hätten. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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