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Kultur: Ahnungen vom Paradies

Potsdamer Hofkonzerte entführten auf dem Pfingstberg in „Orientalische Gärten“

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Potsdamer Hofkonzerte entführten auf dem Pfingstberg in „Orientalische Gärten“ Von Antje Horn-Conrad Das Paradies der Muslime ist ein Garten, in dem die Frommen und Rechtschaffenden nach dem Ende der Welt wohnen, ein Ort voll Wonne und Herrlichkeit, wo nie versiegende Quellen immer tragende Fruchtbäume speisen und kühlende Schatten tief herab reichen. Eine Ahnung davon pflanzten die Menschen des Orient in ihre irdischen Gärten. Reisende aus dem Abendland verliebten sich darin und brachten, was sie sahen, mit nach Europa. Die Potsdamer Hofkonzerte nun spüren im „Jahr der Gärten“ der Orientverliebtheit Preußens nach. Für eine Nacht tauchten sie das Belvedere auf dem Pfingstberg in irisierendes Wüstenlicht und ließen auf der von Wasser umgebenen Bühne eine blühende Oase entstehen. Die Konzeption von Barbara Heidenreich ging auf. Der mitteleuropäische Sommer sorgte für die nötige Kühle, die Abendsonne für die langen Schatten, die schwere Süße des Jasmins für den verführerischen Duft. Wo aber die exotische Blütenpracht fehlte, da setzten die Musiker mit orientalischem Instrumentarium kunstvoll arrangierte Klangfarben: meditativ das Entree auf der Bambusflöte, in Gleichmut versetzend der Gesang der afghanischen Rebab und das hölzerne Perlen der Marimba. Aus der Tiefe kommend schienen die hauchenden Töne aus den Pfeifen der Wasserstichorgel, die in das Becken des Belvederes getaucht wurden. Percussionist Khader Ahmad schließlich gab dem entrückten Klangbild, in das sich immer wieder aufgeregt schwirrende Schwalbenschwärme mischten, Rhythmus und Struktur – jenen festen Boden, auf dem Laila El-Jarad und Beate Gatscha ihre orientalischen Tänze entfalten konnten. Mit dezenten Bewegungen, auf das Wesentliche reduzierten Figuren und einem undurchsichtigen Spiel mit Tüchern und Bändern setzten die Frauen auf den Reiz des Zeigens und Verbergens. Eine Verführung für den Schauspieler Jürgen Thormann, der als Reisender durch die Szenerie wandelte. In der Gestalt und mit den Worten des Franzosen Pierre Loti, um 1900 unterwegs in Persien, beschrieb er die Paradiesgärten von Schiraz, in denen Wasserbecken, Springbrunnen und zahllose Fließe, prächtige Rosen und stolze Zypressen eine Atmosphäre der Ruhe und Beschaulichkeit erzeugten. Mit Lotis Erinnerungen pilgerte Thormann noch einmal zu den Mausoleen von Hafes und Saadi, deren Dichtung und Philosophie Goethe zum Schreiben des „Westöstlichen Diwan“ inspirierten, und pries die Verehrung des Wortes bei den Arabern, die Farbigkeit und Fülle ihrer Sprache, die alles auszumalen vermag, was dem Auge in karger Wüstenlandschaft vorenthalten bleibt. Immer wieder erschienen im „Orientalischen Garten“ der Hofkonzerte jene blühenden Bilder der Phantasie, Spiegelungen und Sinnestäuschungen: Im Wasserbecken des Belvederes war das Bühnentreiben auf den Kopf gestellt, an der Mauer darüber stiegen gleich zwei Sonnen auf und künstliches Licht warf die Schatten der beiden Tänzerinnen an die Wand. In tiefroten Kleidern drehten sie sich – Derwischen gleich – in Trance. „Die Gärten des Orients“ nochmals am 25. und 26. Juni, 21 Uhr im Belvedere auf dem Pfingstberg, Kartentel. 0331 / 245609.

Antje Horn-Conrad

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