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Kultur: Akustik- Punkrock- One-Man-Band

Der Antifolk-Künstler Seth Faergolzia im KuZe

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Wie bitte, Antifolk? Gut, mit dem Begriff Folk lässt sich ja noch etwas anfangen. Man denkt an Bob Dylan der 60er Jahre, der mit dem Genre des Folk eine massenkompatible Musikbewegung schuf, welche durchaus auch kommerziell erfolgreich wurde. Und dieser Folk-Begriff dient nun eben als Grundlage für die Existenz des Antifolk, der gerade in New York eine Hochburg hat.

Von dort kommt auch Seth Faergolzia, vormals Kopf der Band „Dufus“, der sich gerade auf Deutschland-Tour befindet, weshalb es den Organisatoren des studentischen Kulturzentrums (KuZe) gelang, ihn für ein Gastspiel in Potsdam zu engagieren. Faergolzia ließ sich auch nicht lange bitten und brachte sich seinen Support „Space Rainbows“ am Montagabend auch gleich selbst aus Berlin mit: Etwas spät, gut bepackt und in Begleitung von Freunden trafen alle am Potsdamer Hauptbahnhof ein und suchten sich den Weg in die Hermann-Elflein-Straße. Offensichtlich befand sich der Künstler stilgerecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf Tour. Nachdem der Soundcheck über die Bühne gebracht wurde, konnte das letzte Konzert vor der Sommerpause starten. Das musikalische Pärchen „Space Rainbows“ lieferte einen recht knappen Warm-up, doch dann brachte Faergolzia als Akustik-Punkrock-One-Man-Band eine beeindruckende Performance auf die Bühne.

Der zottelig-bärtige Hüne mit der einnehmenden Stimme experimentierte sich durch eine großartige Show und kämpfte bemerkenswert dagegen an, in einer musikalischen Schublade zu stranden. Er spielte Gitarre und trat dabei auf seine Bassdrum ein, sampelte seinen eigenen Gesang mit in die Show und überschritt musikalisch alle vorhandenen Grenzen. Selbst einen Schluck Wasser nutzte er gurgelnd als Instrument, und niemand wunderte sich mehr darüber. „I swear that I have no idea, what I’m doing here“ – Ich schwöre, dass ich keine Ahnung habe, was ich hier eigentlich mache – grinste er, aber das nahm ihm dann doch niemand ab.

Charakteristisch für die Antifolk-Szene und so auch für Seth Faergolzia ist ein gewisser zelebrierter Dilettantismus, der seine Einflüsse etwa aus Punkrock zieht und sich somit bewusst von hohen musikalischen Ansprüchen zu distanzieren versucht. Dabei ist das Genre des Antifolk durchaus politisch und politisierend, zumal die amerikanische Folk-Szene im Gegensatz zur deutschen (Volksmusik-)Szene eine völlig unterschiedliche gesellschaftliche Funktion innehat - und ganz besonders ein hohes Identifikationspotenzial gerade für linke und subkulturelle Strömungen besitzt.

So sahen knapp 30 Leute eine der umwerfendsten und musikalisch beeindruckendsten Shows des Jahres, wie es eben manchmal so ist. Und nachdem das KuZe zuletzt noch kurz davor war, über seine Hausbesitzprobleme zu straucheln, meldete es sich beeindruckend wieder zurück. Besser kann man einen Montagabend einfach nicht verbringen. Hoffen wir, dass die anstehende Sommerpause nicht zu lang wird – denn für die Zeit danach soll ja schon wieder einiges auf dem Plan stehen. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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