
© Saskia Bauermeister
Kultur: Allein reicht ihr nicht
Die Potsdamerin Caro Jordanow spielt mit ihrer Band am heutigen Donnerstag im Café Genna d’Oro
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Caro Jordanow mag diese Momente nicht, wenn sie allein mit der Gitarre auf der Bühne steht. Wenn sie spielt und singt und alles nur von ihren Fingern, ihrer natürlich-feinen, so unaufgeregt-schönen Stimme abhängt. Diese ganz persönlichen Momente, in denen ein Musiker sich mit einfachsten Mitteln öffnet, sich offenbart und etwas schafft, das gleichzeitig von Schönheit und Verletzlichkeit spricht. Oft sind es Balladen, die in diesen Momenten zu hören sind. Balladen, deren feinen Ton Caro Jordanow auf eine ganz besondere Weise trifft. Doch nur als Sängerin mit der Akustikgitarre und einer Extraportion Melancholie gesehen zu werden, das wäre der 26-Jährigen dann doch zu sehr Singer-Songwriter-Klischee.
Im vergangenen Sommer hat Caro Jordanow zusammen mit ihrer Band die erste EP veröffentlicht: fünf Lieder, darunter der Titel „Writer of the song“, mit dem sie ein Jahr zuvor in den Vereinigten Staaten einen Wettbewerb in der Kategorie „Folk“ gewann. Luftig-schöne Lieder in der klassischen Besetzung von Klavier und Schlagzeug, Gitarre, Bass und Gesang, die einem schon nach kurzer Zeit klarmachen, warum Caro Jordanow lieber in der Gruppe als allein singt und spielt. Lieder, die man in der Kategorie Pop verorten könnte. Wenn der Begriff Pop heutzutage nicht vor allem als Schimpfwort denn Qualitätskriterium dienen würde. Davon aber, dass hier Popmusik mit diesem gewissen Extra geboten wird, davon kann sich jeder selbst überzeugen, wenn Caro Jordanow und ihre Band am heutigen Donnerstag im Café Genna d’Oro auftreten.
Seit drei Jahren lebt Caro Jordanow in Potsdam, wo sie an der Universität Englisch und Musik auf Lehramt studiert. Kein Alibistudium, um den Rücken frei zu haben für ihre Musik. Sie steht kurz vor dem Abschluss, schreibt an ihrer Masterarbeit und hat im September ihr Abschlusskonzert. Und auch wenn das alles sehr geradlinig und zielstrebig klingt, ihre Musik, ihre Band, das sind für Caro Jordanow keine Nebensachen. „Mein Ziel ist es immer noch, von meiner Musik leben zu können“, sagt sie.
Dass sie die Musik zu ihrem Hauptberuf machen möchte, hatte Caro Jordanow schon vor zwei Jahren erklärt. Damals, da lebte sie noch in Berlin, wohin ihre Eltern ein Jahr nach ihrer Geburt im mecklenburgischen Lübz gezogen waren, hatte sie ein Fernsehteam vom Rundfunk Berlin-Brandenburg besucht. Anlass war ihr erster Platz bei einem amerikanischen Songschreiberwettbewerb in der Kategorie „Folk“. Sie hatte ihr Lied „Writer of the song“ via Internet an eine Radiostation geschickt. „Aber in einer anderen Kategorie“, sagt Caro Jordanow. Ein paar Wochen später erhielt sie dann die Nachricht, dass sie in der Kategorie „Folk“ gewonnen hatte. „Da kam ich dann erst einmal ins Grübeln.“ Doch schnell klärte sich das auf: Die Jurymitglieder, derart angetan von „Writer of the song“, verlegten das Lied ungefragt in die Kategorie „Folk“. Der Rest der Geschichte ist bekannt.
„Es war ein wichtiges Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg bin“, sagt Caro Jordanow heute über diesen ersten Platz. Dass sie danach kurz das Interesse der Medien geweckt hatte, ist ein positiver Nebeneffekt gewesen. Das Wichtigste jedoch war, dass René Jacobi von der ArtistScout-Musikagentur an sie herantrat. Er betreut sie bis heute und hilft ihr, behutsam und mit Rücksicht auf ihr Studium, wie sie sagt, die eigene Karriere aufzubauen. Denn daran arbeitet sie zielstrebig. Im Juni hat sie mit ihrer Band viele Konzerte gespielt, zum ersten Mal auch auf Festivals. „Wir sind dort dann auch gleich für das kommende Jahr gebucht.“ Was bedeutet, dass sie dann nicht mehr schon am Nachmittag, sondern am Abend spielen wird. Im kommenden Jahr soll dann auch das erste Album erscheinen. „Da sind die ersten Bewerbungen an die Labels raus. Wichtig ist, dass die Finanzierung steht.“
Angefangen hat alles mit der Musikleidenschaft ihrer Eltern. Dass sie dann selbst mit dem Schreiben von Liedern und Komponieren der Melodien begonnen hat, daran war ihr Musiklehrer auf dem Gymnasium schuld. „Meine Eltern spielen kein Instrument. Aber bei uns lief ständig Musik.“ Vor allem Neil Diamond, den ihre Mutter so gern hörte. „In der 1. Klasse bin ich in den Schulchor, in der 2. nahm ich Blockflöten-, in der 3. dann endlich Gitarrenunterricht.“ Doch hat sie sich das Spielen, für das Singer-Songwriter-Genre so typische Picking und den Wechselbass, selbst beigebracht. „Ich dachte damals, dass Gitarrenunterricht immer bedeutet, dass ich klassische Gitarre spielen muss.“ Doch das wollte sie nicht. Sie kaufte sich regelmäßig Gitarrenzeitschriften und lernte die darin angebotenen Workshops. Als sie 15 war, forderte ihr Musiklehrer die Schüler auf, selbst ein Lied zu schreiben. Zuvor hatte er ihnen gesagt, wie so ein Lied aufgebaut ist, auf was sie achten müssen. Caro Jordanow setzte sich an den Schreibtisch und weil ihr kein Text einfiel, schrieb sie einfach darüber, wie sie dasaß und versuchte, ein Lied zu schreiben. „How to write a song“ so der Titel. „Das Lied ist noch heute in unserem Programm“, sagt Caro Jordanow.
Wenn sie Lieder schreibt, lässt sich Caro Jordanow Zeit. „Ich erzwinge nichts.“ Fast immer hat sie zuerst die Melodie im Kopf, später dann die Arrangements für die Band. „Auf den Text aber muss ich dann oft sehr lange warten“, sagt sie mit einem Lachen. So sind mit der Zeit etwa 25 Lieder entstanden, von denen sie 17 noch im Programm hat.
„Manche Songs passen irgendwann nicht mehr“, sagt Caro Jordanow. Andere dagegen, wie ihr erstes Lied „How to write a song“, dagegen behalten ihre Gültigkeit. Weil sie im Kern immer eine Wahrheit in sich tragen. Eine ganz persönliche Wahrheit des Singer-Songwriters, und eine allgemeingültige für jeden einzelnen Zuhörer. Caro Jordanow besitzt die Gabe, mit ihrer Musik, mit ihrer Stimme an dieser Wahrheit zu rühren. Und auch wenn sie diese Momente nicht mag. Aber wenn sie allein auf der Bühne steht, Gitarre spielt und singt, ist sie ganz nah dran.
Caro Jordanow und ihre Band spielen am heutigen Donnerstag um 20.30 Uhr im Café Genna d’Oro, Hermann-Elflein-/Ecke Gutenbergstraße. Der Eintritt ist frei
Dirk Becker
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