Kultur: Aller guten Dinge sind drei
Geschichtenmarathon bei Märchennacht im T-Werk
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Kinder brauchen Märchen. Und Erwachsene auch. Und so strömten beide am Samstagnachmittag in Scharen zur diesjährigen 3. Märchennacht ins T-Werk. Und zwar so zahlreich, dass bei den ersten Aufführungen einige keinen Platz mehr fanden und draußen warten mussten, um im Laufe des langen Abends doch noch ihren Märchenhunger zu stillen.
Unter dem Motto „Der magische Spiegel“ wurden mehr als sieben Stunden lang acht Inszenierungen auf drei verschiedenen Bühnen gezeigt. Schau-, Puppen- und Schattenspieler sowie drei Märchenerzählerinnen präsentierten so Wohlbekanntes wie „Die Schöne und das Tier“, „Das tapfere Schneiderlein“ oder des „Kaisers neue Kleider“. Oder sie interpretierten eigenwillig japanische Märchen, Geschichten von Hans-Christian Andersen, „Sindbad, dem Seefahrer“ und Metamorphosen von „Katzenprinzen“ und „Lindwürmern“.
Die zauberhafte Verwandlung spielte in fast allen Darbietungen eine wesentliche Rolle. Das Berliner „Theater o. N.“ hatte „Die Purpurrote Blume“ als psychologisch tiefgründiges Schattenspiel im Gepäck und zeigte einmal mehr die überwältigende Kraft der Liebe, die aus einem ungeheuren Ungeheuer schließlich einen geliebten Gatten macht. Auch das arme Schneiderlein verwandelt sich. Indem es die magischen drei Aufgaben erfüllt und die schöne Prinzessin dafür zum Lohn erhält. In der Inszenierung des Spandauer „Theaters auf der Zitadelle“ kam die Grimmsche Mär vom Glück des Tüchtigen ungemein leichtfüßig und ironisch daher. Der junge König (mit viel Spielwitz: Daniel Wagner) ist inzwischen werdender Vater von Zwillingen. Er lässt seine vorherige turbulente Vergangenheit mithilfe von wunderbaren Puppen – winziger Hofstaat und riesige Riesen – sehr lebendig werden. Jung und Alt kamen voll auf ihre Kosten bei diesem die Gattungsgrenzen überschreitenden Figurentheaterschauspiel.
Viel unaufwändiger, aber darum nicht weniger vital, erzählte Suse Weiße aus Potsdam das dänische Volksmärchen vom „König Lindwurm“. Im Wesentlichen drei Requisiten – eine weiße Emailleschüssel, ein rotes Spielzeugeimerchen und ein Dutzend Streichholzschachteln – reichten aus, um die unerhörte Geschichte vor den staunenden Zuhörern auszubreiten. Darin errettet eine mutige Schäferstochter nicht nur einen, sondern insgesamt drei verwunschene Prinzen und verhilft ihnen unter Einsatz des eigenen Lebens zum lang erhofften Liebesglück.
Zu fortgeschrittener Stunde, aber immer noch sind kleine Zuschauer in der ersten Reihe auszumachen, zeigte das „Theater Laboratorium“ aus Oldenburg seine überzeugend komödiantisch-kaberettistische Version vom modebesessenen Kaiser. Morten Möllerup und Mogens Mullewulf (zwerchfellerschütternd Pavel Möller-Lück und Markus Wulff), zwei erfolglose dänische Geschäftsmänner, planen einen großen Coup: Sie beschließen ihre zweifellos vorhandenen Fähigkeiten in den Dienst des Kaisers zu stellen. Was dann abläuft, übertrifft nicht nur das geniale Anderssche Märchen an Phantasie und Spielwitz, sondern parodiert gekonnt heutige Lebens- und Verhaltensweisen. Egal, ob es sich um die allgegenwärtige Meditationspraxis oder um ebensolche Bestechungsaffären handelte. Zum ersten Mal in Potsdam und das Highlight des Abends.
Aller guten Dinge sind drei, heißt es nicht nur im Märchen. Der diesjährige Märchenmarathon im T-Werk hatte mehr als drei im Angebot und keine Durststrecken aufzuweisen.
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