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Kultur: Als das Grauen entfesselt wurde Jörn Leonhard liest aus „Die Büchse der Pandora“
Er schafft das, was allen Schreibern gelingen sollte: Vom ganz Kleinen auf das ganz Große zu verweisen: „Die Büchse der Pandora“ heißt Jörn Leonhards in diesem März erschienenes Buch, in dem er auf über tausend Seiten den Ersten Weltkrieg als europäische Gesellschaftsgeschichte erzählt. Auf den Titel kam der Historiker über eine winzige Randnotiz dieser alles umwälzenden Katastrophe: Die Kinder von Katia und Thomas Mann, so erklärt er in einem Interview mit der Zeit, hätten am 2.
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Er schafft das, was allen Schreibern gelingen sollte: Vom ganz Kleinen auf das ganz Große zu verweisen: „Die Büchse der Pandora“ heißt Jörn Leonhards in diesem März erschienenes Buch, in dem er auf über tausend Seiten den Ersten Weltkrieg als europäische Gesellschaftsgeschichte erzählt. Auf den Titel kam der Historiker über eine winzige Randnotiz dieser alles umwälzenden Katastrophe: Die Kinder von Katia und Thomas Mann, so erklärt er in einem Interview mit der Zeit, hätten am 2. August 1914 im Ferienhaus in Bad Tölz „Die Büchse der Pandora“ aufführen wollen. „Sie waren schon verkleidet, da kam das Kinderfräulein und sagte: ,Es ist Krieg!’“
Und natürlich passt dieser Vergleich mit dem antiken Mythos zugleich wunderbar auf die mit Kriegsausbruch entfesselten Gräuel, die noch weit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hineinwirkten, ehe sie wieder eingefangen werden konnten.
Leonhard, der 1967 in Birkenfeld geboren wurde, studierte Geschichte, Politische Wissenschaft und Germanistik in Heidelberg und Oxford. 1998 promovierte er mit seiner Arbeit „Liberalismus – Zur historischen Semantik eines europäischen Deutungsmusters“ an der Universität Heidelberg. Von 1998 bis 2003 war er Fellow in Oxford und Washington/DC, ein Jahr später wurde er mit dem Thema „Bellizismus und Nation. Kriegsdeutung und Nationsbestimmung in Europa und den Vereinigten Staaten 1750–1914“ habilitiert. Für „Die Büchse der Pandora“ konnte er also aus einigem Grundwissen schöpfen und tatsächlich waren viele Kritiker begeistert: Noch nie, heißt es, wurde die Gesamtgeschichte des Ersten Weltkrieges – die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts – so vielschichtig erzählt: europäisch vergleichend, global in der Perspektive, souverän in der Darstellung. Leonhard zeige, wie die Welt in den Krieg hineinging und wie sie aus ihm als eine völlig andere wieder herauskam. Er lässt die Erfahrungen ganz unterschiedlicher Zeitgenossen wieder lebendig werden. Am Sonntag, dem 24. August, liest er im Rahmen von „lit:potsdam“ um 18.30 Uhr im Brandenburgischen Literaturbüro aus „Die Büchse der Pandora“, Videos von Zeitzeugen laufen im Foyer. alm
An dieser Stelle stellen wir bis zum Beginn von lit:potsdam am 22. August täglich einen der teilnehmenden Autoren vor.
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