Kultur: Als Sahnehäubchen einen Kuss
Theater nach Speisekarte: „Im falschen Film“ hat morgen in der Reithalle A Premiere
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Wie „Im falschen Film“ müssen sich die Besucher des gleichnamigen Theaterstücks in der Reithalle A vorkommen, denn sie nehmen nicht im Zuschauerraum Platz, sondern in einem Café mit hölzernem Mobiliar, schriller Musicbox und angestaubtem Klavier. Wer nun aber Streuselkuchen und Erdbeertorte erwartet, liegt erneut falsch. Die Kellner Emma, Friedrich und Oskar servieren stattdessen wechselnde Menüs aus betörenden Liebesdramen, verwunschenen Märchen und wilden Abenteuergeschichten.
„Im falschen Film“, von Gastregisseurin Ulrike Hatzer am Kinder- und Jugendtheater des Hans Otto Theaters inszeniert, hat morgen in der Reithalle A Premiere. Das Stück erzählt von drei jungen Leuten, die sich in einem Café als Kellner bewerben wollen. Während sie auf ihren künftigen Arbeitgeber warten, vertreiben sie sich mit Stegreifspielen die Langeweile. Dabei stellt sich heraus, dass Oskar eigentlich lieber Filme dreht, Emma über hundert Theaterstücke im Kopf hat und Friedrich ganz passabel Klavier spielen kann. Als sie merken, dass das Café verlassen ist, Wirt und Koch sich anscheinend aus dem Staub gemacht haben, beschließen sie, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sie gründen ein Film-Theater-Café, in dem sie das beste Theater kochen und den zartesten Film servieren wollen, alles frisch zubereitet und raffiniert gewürzt.
Die hoch fliegende Geschäftsidee der drei wird zur besonderen Herausforderung für Regisseurin Ulrike Hatzer und ihr Schauspielertrio. Denn das Stück folgt keinem Textbuch, sondern einer Versuchsanordnung: Die Zuschauer bestellen aus einer Speisekarte, was die Darsteller servieren sollen. Zur Wahl stehen die drei Menüs „Liebe“, „Märchen“ und „Abenteuer“. Jedes Menü setzt sich aus acht Gängen zusammen, die in unterschiedlicher Reihenfolge und Zubereitungsart, als Film- oder als Theaterszene, angerichtet werden. Wer das Menü „Abenteuer“ wünscht, kann mit einer gepfefferten Mutprobe oder einer heißen Flucht anfangen, bevor er sich die Schatzsuche als Hauptgang servieren lässt. Das „Liebes“-Menü hingegen könnte mit einem gebrochenen Herzen und bitteren Tränen beginnen, denen ein versöhnlicher Blickwechsel folgt, gekrönt von süßen Versprechungen und einer Kussszene als Sahnehäubchen. Alles kann aber auch ganz anders kommen.
Caroline Lux, Peter Wagner und Sebastian Stolz, der für den erkrankten Kay Dietrich eingesprungen ist, haben in den vergangen Wochen 24 einzelne „Gänge“ einstudieren und 24 Filmsequenzen drehen müssen, die nun auf der Bühne je nach Geschmack der Zuschauer zu opulenten Speisenfolgen arrangiert werden. Bei bis zu fünf Menüs pro Vorstellung verlangt dies nicht nur von den Schauspielern Schnelligkeit und höchste Präzision, sondern auch vom Techniker, der die vom Zuschauer gewählten Filmclips an passender Stelle einspeisen muss. Christian Schnelle wird seinem Namen alle Ehre machen.
Spannend wird sein, ob es gelingt, die einzelnen Theater- und Filmsequenzen ineinander fließen zu lassen und so mit unterschiedlichen darstellerischen Mitteln eine schlüssige Geschichte zu erzählen. Zugleich sollen sich aber auch die ästhetischen Unterschiede von Film und Theater vermitteln.
Für Regisseurin Ulrike Hatzer ist dies nicht das erste Theaterexperiment dieser Art. Bereits am Theater Gera/Altenburg hatte sie Stücke aus der Produktion heraus entwickelt und dabei beobachten können, wie unbefangen die zuschauenden Kinder mit den freien Improvisationen umgehen, entsprechen sie doch der Art ihres eigenen Spiels, einen leeren Raum zu füllen mit erfunden Gegenständen und möglichen Situationen. „Im falschen Film“ ist so ein Spiel mit den Möglichkeiten und eine Liebeserklärung an die einzelnen Momente, aus denen sich Wirklichkeit zusammensetzt – im Theater wie im Film wie im „richtigen“ Leben.
Reithalle A, Do 6.4., 10 Uhr (Premiere), Fr 7.4., 10 Uhr, So 9.4., 15 Uhr, ab 8 Jahre
Antje Horn-Conrad
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