zum Hauptinhalt

Kultur: Alte Musik in der Sacrower Heilandskirche

Voll besetzt gleitet die „Caecilienhof" stolz dahin, eine kleine Schaumwelle vor sich herschiebend. Keck kurven Motorboote ihre Fahrrinne.

Voll besetzt gleitet die „Caecilienhof" stolz dahin, eine kleine Schaumwelle vor sich herschiebend. Keck kurven Motorboote ihre Fahrrinne. Hart am Wind kreuzt eine Drachenjolle. Im Gegenlicht glitzert grau das wellenbewegte Havelwasser. Der Ausguck an der Sacrower Heilandskirche ist dicht bevölkert. Weit geht der Blick zur Berliner Vorstadt. Idylle wohin man auch schaut So schön kann ein Sommersonntagnachmittag sein. Noch schöner für jene, die den Ausflug mit einem musikalischen Erlebnis verbinden, wozu das Gotteshaus einlädt: Barockkonzert mit dem Bonner Ensemble für Alte Musik. Es ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als Wilhelm Friedemann Bachs D-Dur Trio für zwei Traversflöten und Basso continuo erklingt. Das Spielen auf historischen Instrumenten bzw. ihrer Kopien will authentischen Klang vermitteln. Hörte sich damals wirklich so „schräg“ an, was heuer oftmals so tönte?! Schwankungen in der Intonation, bedingt durch Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit, Instrumentenstimmung nach historischem Vorbild – all das lässt die Ohrenfreude bisweilen merklich sinken. Zu durchdringend klingen die beiden Traversflöten, die Christiane Everling (in hoher Lage) und Wolfgang Mader (in tiefer Lage) blasen. Prononciert, gleichwie ein wenig vorlaut, assistiert das Cembalo (Lore Everling). Von der Viola da Gamba (Leonore von Zadow-Reichling) ist dagegen kaum etwas zu vernehmen. Kein Wunder, dass bei solchen Konstellationen das Musizieren nur wenig inspiriert erscheint. Die Gambe, meint Musikästhetiker Schubart, „leidet keine starke Begleitung, denn sie begleitet sich meist selbst“. Wie wahr. Alles, was Anmut und Zärtlichkeit atmet, ließe sich auf ihr vortragen. Carl Philipp Emanuel Bachs g-Moll-Sonate für Gambe und obligates Cembalo ist streckenweise in unbequem hoher Lage angesiedelt. Angenehme bis empfindsame Gefühlsaussendungen sind jedoch durch das forsche Spiel der Instrumentalistinnen kaum zu vernehmen. Nicht immer harmonisch klingt zusammen, was sich der Tonsetzer vorgestellt hatte. Im Falle von Johann Joachim Quantz, königlicher Flötenlehrer von Friedrich II., und seines a-Moll-Duetts für zwei Flauti traversi op. 2 Nr. 2 mag es monarchisch-privilegierte Zweisamkeit gewesen sein. Zu hören gibt es sie nur in Ansätzen. Dagegen potenzieren sich die instrumentalen Unzulänglichkeiten, und in der Höhe wird der Ton oftmals scharf. Viel ausgewogener hört sich indes die Kammersonate op. 8 für zwei Flöten, Gambe und Cembalo von Johann Gottlieb Janitsch an, der als Mitglied der friderizianischen Hofkapelle mit für die königliche Kammermusik zuständig ist. Sie gefällt durch ihre melodischen Einfälle, die immer wieder von leidenschaftlichen Passagen unterbrochen werden. Ihren „Echo“-Beinamen erhält sie durch entsprechende Effekte im Allegretto-Satz. Was Jakob Friedrich Kleinknecht (1722-1794) in seiner G-Dur-Sonate im virtuosen italienischen Gusto geschrieben hat, wird durch die Musiker mit eher preußischer Direktheit wiedergegeben. Schade, dass dabei der Charme ein wenig auf der Strecke bleibt. Die wahre Art, die Flauto traversiere wie auch das Clavier zu spielen, ist es nicht. Liegt es nur an der wenig abwechslungsreichen und zunehmend langweiliger werdenden Zusammenstellung, dass im Verlaufe des Konzerts immer mehr Zuhörer den Ort des Klanggeschehens verlassen?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false