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Umjubelte Premiere von „Il Giardino d’Amore“ in der Schinkelhalle: Am Ende gewinnt die Liebe
Die Minioper "Il Giardino d’Amore" (Garten der Liebe) kam mit einer besonderen Machart daher: Die Bühne war ein "Mensch ärgere Dich nicht"-Spielbrett. Das Publikum war hautnah mit dabei.
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Liebe kann überwältigend und auch ganz einfach sein. Göttlich bis rustikal ging es deshalb auch in der Schinkelhalle zu, wo die Musikfestspiele für ihre zweite musiktheatralische Premiere am Samstag einen gleich zweifachen Liebesgarten kultiviert haben. Und zwar mit einfachsten optischen Mitteln, denn in der denkmalgeschützten Halle dürfen bei einer Theaterproduktion nur wenige Dekorationen aufgebaut werden.
Aus der Not eine Tugend machend, erfanden die Produzenten für die szenische Realisation der Minioper „Il Giardino d’Amore“, Garten der Liebe also, von Alessandro Scarlatti und Johann Sebastian Bachs derb-deftiger „Bauernkantate“ ein bodenliegendes Spielbrett als Raumbühne. In „Mensch ärgere dich nicht“-Machart, die auch als Gartengrundriss durchgehen könnte. Doch der Halle fehlte es sichtlich an Sitzgelegenheiten. Sollte man die zwei Stunden etwa stehend bewältigen müssen? Mitnichten: Am Einlass erhielt man je nach Billettvermerk einen gelben, grünen, blauen oder roten Pappkartonhocker mit Rückenlehnen, mit dem man sich in sein Farbrevier begab und sich seinen nummerierten Stellplatz suchte. So entstanden Sitzformationen von Reihen- bis Pulkbildungen, die verschlungenen Wegen durch die stilisierte Garten-/Parklandschaft glichen.
Nicht weniger originell die Idee der Regisseurin Isabel Ostermann, beide relativ handlungsarme Stücke miteinander zu verzahnen, und das Vierfarbenspiel bis hin zu den Kostümen konsequent zu verfolgen – die Ausstattung kam von Corinna Gassauer. So trugen Dirigent wie Musiker des belgischen Barockensembles „B’Rock“ aus Gent fast ausnahmslos putzige gartengrüne Kittelschürzen. Dagegen war die durch ihren Liebesgarten streifende, völlig unerotisch und mit mythologischem Spitzhut versehene Venus ganz in Blauschwarz, ihr irdischer Geliebter Adonis dagegen in sinnliches Rot gewandet. Diese maskenhaft geschminkten Scarlattischen Liebesgartengestalten durchschritten die Gartenwege, sangen Rezitative, Dacapo-Arien und Duette, in denen sie sich unentwegt nacheinander sehnten. Ob’s klappt? Um sie herum wuselte ein gelb gekleidetes Persönchen, schlurfte ein eher träger Nachtwächtertyp in Grün. Auch sie hielten Spielfiguren in den Händen, sagten und sangen jedoch keinen Mucks. Wer sind sie und warum? Erst spät löst sich das Geheimnis: Es handelte sich um Bachs Bäuerin Mieke und ihren Freund, die im Garten der Liebe auch ihren Lustplatz suchten und fanden. Eigentlich ganz logisch!
Barockes Singen bereitet ungeheuren Spaß
Das Publikum war hautnah dabei und ins Geschehen miteinbezogen, denn es spielte, tanzte und trank nach Herzenslust und Aufforderung auch mit. Musiktheater mit schier übersprudelnden Einfällen auf diese Art zu erleben, beweist, dass barockes Singen und Musizieren allen Beteiligten ungeheuren Spaß bereiten kann. Das fing mit der unter Leitung von Olof Boman – der den Redetonfall der Musik auf exquisiteste Art zu treffen verstand – ungemein zügig musizierter „Il Giardino d’Amore“ -Sinfonia an und hörte mit den fantasievoll phrasierten und straff artikulierten Begleitungen für das Gesungene nicht auf.
Effektvoll traten einzelne Instrumente ins solistische Rampenlicht. Während der Ouvertüre erzählte die Trompete von Freude und Pracht und führte bei der letzten Adonis-Arie einen herrlich inszenierten Wettstreit mit der Sängerin Berit Solset, deren glasklar strömender, vibratoloser Sopran restlos begeisterte. Auch in jener Arie, in der sie mit dem Sopranino virtuos wetteiferte. Dagegen vertraute Milena Storti als Venus auf die verführerischen Reize ihres Mezzosoprans. In Bachs „Bauernkantate“ verkörperten beide dann jene Obrigkeit, der es zu huldigen gilt. Stumm, aber agil waren sie dem bäuerischen Liebespaar ein wichtiger Anspielpartner. Mit blitzsauberem Sopran flirtete Marie-Sophie Pollak als Mieke den nunmehr burschikosen Adonis an, während der eifersüchtige Bauer alias Stephan Gertz (Bassbariton) auf die Verführungskünste der Venus sofort ansprang – über Kreuz ist auch ganz schön. Ob göttlich oder rustikal, treu oder untreu: Am Ende gewinnt immer die Liebe. An diesem beifallsumjubelten Abend gleich doppelt.
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Peter Buske
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