Kultur: Am Rande der Beliebigkeit
Symphonic Kroke mit Klezmer im Nikolaisaal
Stand:
Es wurde viel gejubelt an diesem Abend mit Symphonic Kroke und dem Deutschen Filmorchester Babelsberg. Im Saal und auf der Bühne im Nikolaisaal, und ausgiebig auch im Programmheft. Auf zwei Seiten wird dort die Geschichte der Musiker von Symphonic Kroke in Krakau beschrieben, die als Klezmer-Trio begannen und nun zu viert gelegentlich auch mit Orchestern auftreten. Ein kometenhafter Aufstieg, geadelt noch durch die Zusammenarbeit mit dem sogenannten „Punk-Geiger“ Nigel Kennedy und anderen musikalischen Berühmtheiten.
Als Kroke – das jiddische Wort für Krakau – 1992 zusammenkamen, spielte das Trio hauptsächlich traditionelle jüdische Musik. Mit den Jahren und zahlreichen Platten – den Preis der Deutschen Schallplattenkritik gab es im Jahr 2000 – haben die Musiker sich immer mehr geöffnet und die Grenzüberschreitung zu ihrem Thema gemacht. „Den leidenschaftlichen musikalischen Botschaften aus Krakau wird man sich auch am heutigen Abend gewiss nicht entziehen können“, schloss das Programmheft mit seinen Lobpreisungen. Ganz so war es dann doch nicht beim 2. Potsdamer Crossover Konzert am Freitagabend.
Nach über zwei Stunden Musik und all“ dem Jubel blieb Unzufriedenheit. Das Tomasz Kukurbas Spiel auf Bratsche und Violine durch die elektrische Verstärkung und die zahlreichen Effekte fast immer klang, als würde er auf einer Konservendose fiedeln, mag Geschmackssache sein. Ebenso sein gelegentliches emphatisches Jubilieren ins Mikrofon, als gelte es vor Glück die gesamte Welt zu umarmen. Was einen unzufrieden nach Hause gehen ließ, war die musikalische Einfallslosigkeit.
Die Musiker von Kroke verstehen es, an Bratsche, Akkordeon, Kontrabass und Schlagzeug manches Feuerwerk zu entfachen. Das wurde besonders deutlich, wenn sie auf die Unterstützung des Filmorchesters verzichteten. Spannende, fast schon nervenaufreibende Einleitungen, gefolgt von ausgelassenen Improvisationen im Grenzgebiet zwischen Klezmer, Musik vom Balkan und Jazz. Hier war es vor allem Tomasz Kukurba der Bratsche und Violine mit Leidenschaft traktierte und so für manche Überraschung sorgte. Doch schon nach wenigen Liedern stellte sich das Gefühl ein, nur noch musikalische Gefälligkeiten geliefert zu bekommen.
Bekannte Melodien, folkloristisch angehaucht und fast schon zum Mitpfeifen animierend. Schnell eingängig und genauso schnell aber auch wieder vergessen. Und was das Filmorchester Babelsberg unter Leitung von Bohdan Jarmolowicz dazu an Arrangements lieferte, waren auch nur Nettigkeiten, die alles schön glatt und gesichtslos bügelten. Hinzu kam, dass jedes Lied Überlänge haben musste und sich dabei nicht selten in den Themen verfranste. Am Ende dann auch noch ein Medley nettester Melodien mit Schwung und ordentlicher Lautstärke. Alles schön süß, aber alles vom selben Geschmack.
Den Nerv der meisten Besucher haben die Musiker an diesem Abend aber mit ihrem Crossover getroffen. Glückliche Gesichter auf der Bühne und im Publikum. Und letztendlich ist es das, was für die meisten zählt.
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