zum Hauptinhalt
Orient oder Okzident? LebiDerya spielen mit der Fusion aus beidem.

© promo

Kultur: Am Rande des Ozeans

LebiDerya verknüpfen Jazz mit orientalischen Klängen. Am Freitag spielen sie im Nikolaisaal

Stand:

Mannheim? Da war doch mal was: Zumindest musikalisch verknüpft man die kurpfälzische Stadt mit der Musikformation Söhne Mannheims, die seit den 90er-Jahren einige popkulturelle Erfolge landen konnten – und nach der Solokarriere des Frontmanns Xavier Naidoo, der sich ja mittlerweile zu einem peinlichen Verbreiter kruder parapolitischer Verschwörungstheorien gewandelt hat, scheinbar in der Versenkung verschwunden sind.

Mannheim hat jedoch noch Spannenderes zu bieten: eine Musikhochschule und eine Popakademie etwa. Genug musikalischen Raum also, um auch Bands jenseits des Mainstreams hervorzubringen – so wie LebiDerya. Die Ethno-Jazz-Band verknüpft orientalische Einflüsse mit traditionellen Jazzkomponenten, ohne jedoch plakativ auf den Stempel „Multikulti“ zu spekulieren. Es sind vier Individualisten, die sich der musikalischen Verknüpfung von Morgenland und Abendland verschrieben haben; ganz klein und auf musikalischer Ebene, während in Deutschland noch diskutiert wird, wie weit sich diese kulturellen Konstrukte überhaupt annähern dürfen. Am kommenden Freitag spielen LebiDerya in der Reihe „Kammermusik im Foyer“ im Nikolaisaal.

Fernweh mit türkischem Akzent verspricht das Quartett um Salah Eddin Maraqa, der Kanun, die orientalische Zither, spielt, Neben Johannes Stange an Trompete und Flügelhorn, Stefan Baumann an Saxofon und Bassklarinette sowie Joss Turnbull an der Percussion. Klar, es muss Jazz sein, wenn ein Quartett mit Schlagzeug, Blasinstrumenten und in legerem Aufzug die Bühne betritt. Und natürlich sind die vier Mannheimer im Jazz zu Hause. Der Name LebiDerya ist dabei eine Metapher, die auch für die Musik gilt: Wörtlich übersetzt bedeutet der Name „Am Rande des Ozeans“, eine Beschreibung eines Ortes, an dem sich zwei Elemente begegnen – Küste und Festland. Dieses Zusammentreffen von kammermusikalischen und folkloristischen Einflüssen ließe sich jedoch nicht nur auf die musikalischen Elemente beziehen, sondern auch auf die gemeinsame Arbeit verschiedener Künstlerpersönlichkeiten.

Die Formation gründete sich im Kreis der Orientalischen Musikakademie Mannheim (OMM), bereits das erste Konzert auf dem „Enjoy Jazz Festival“ in Heidelberg spielte das Ensemble vor ausverkauftem Haus. Es folgte – neben etlichen weiteren Auftritten – das viel beachtete Debütalbum „Orientations“: „Mutiger Orient Jazz aus Mannheim“, hieß es bei der auf Pop und Rock spezialisierten Musikzeitschrift Rolling Stone, „eine pastell getönte Atmosphäre der Sehnsucht, der Kontemplation“, befand die FAZ. In Kooperation mit dem Goethe-Institut folgten internationale Auftritte im Sudan und in Eritrea. Die entstandenen Kompositionen sprechen, eben weil sie auf einzigartige Weise unterschiedliche Einflüsse verbinden, eine klare Sprache: Der meditative Klang des Orients verschmilzt mit dem klassischen Sound von Trompete oder Klarinette – und beweist, dass sich diese Klänge näher sind, als man glaubt.

Die Songs entstehen, indem sich die Band zu längeren Arbeitsphasen verabredet – und sehr viel Zeit in die Entstehung der Musik investiert. Dabei werde viel improvisiert, um die Musik gestritten – bis ein neues Stück entstanden sei, heißt es in einer Videobotschaft der Band. „Das finde ich auch das Spannendste bei LebiDerya: dass wir uns schnell von diesen Zwängen verabschieden“, sagt Salah Eddin Maraqa. So komme es auch selten vor, dass ein und dasselbe Stück auf Konzerten gleich gespielt werde. Viel Herzblut also, das durch die jungen Jazzmusiker vergossen werden muss, um gleichsam beschwingte wie melancholische Stücke mit großem lyrischen Potenzial zu schaffen, die zwischen Festland und Ozean aufeinandertreffen werden. Oliver Dietrich

LebiDerya am Freitag, 13. Februar, ab 20 Uhr im Foyer vom Nikolaisaal, Wilhelm-Staab-Straße 10-11. Der Eintritt kostet 15 Euro.

Oliver Dietrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })