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Kultur: Amouröse Verwicklungen

„Liebestrank“-Suchereien bei der Kammeroper Schloss Rheinsberg

Stand:

„Auf der Suche nach dem Liebestrank“, so der Titel der ersten szenischen Produktion des Festivalsommers 2007 der Kammeroper Schloss Rheinsberg, wird nach vielfachem Publikumswunsch wieder einmal der Schlosspark mit ins Spielgeschehen einbezogen. Er ist gleichsam in eine klingende Ausstellung verwandelt, aus der es zwischen Heckenparterre, „Salon“-Pavillon, Querallee und Sternrondell vielstimmig und gleichzeitig tönt: aus Nischen und überdimensionalen Bilderrahmen.

In denen künden unter anderem König Philipp, Monostatos, der pubertierende Cherubino oder Gilda von ihren Liebesnöten, von Freud und Lust und Leid. Begleitet werden sie von jeweils nur wenigen Instrumentalisten, denen Festvialchef Siegfried Matthus eine minimalistische Begleitmusik aus dem Original heraus arrangiert hat.

Welchen Sirenenklängen zuerst lauschen?! Nicht immer ist“s eitel Freude, was den Ohren an vokalem Können geboten wird. Je nach Wanderernachfrage müssen die Sängerinnen und Sänger ihre Arien mehrmals abliefern. Dumpfe Trommelschläge gemahnen daran, in das Schlosstheater zu eilen, wo der musikalische Parkspaziergang mit der Aufführung von Gaetano Donizettis komischer Oper „Der Liebestrank“ ausklingen wird.

Frank Matthus, Sohn des Festivalchefs und nach dessen Bekundung des Partiturlesens kundig, kredenzt das mancherlei Verwirrung stiftende Elixier in einer für die Kammeroper eingerichteten Fassung in deutscher Sprache. Angesiedelt hat er das vor szenischen Einfällen schier überquellende, temporeich ablaufende Geschehen in der Einheitsszenerie einer modernen Pizzeria mit Bartresen, Musicbox, Cinzano-Werbung (Ausstattung: Karel Spanhak). Als der Klangautomat angeworfen wird, gibt es zunächst durchaus passend das Wagnersche Tristan-Motiv zu hören, das später immer mal wieder augenzwinkernd dazwischen gemogelt wird. Mit einem Fußtritt wird ein Boxenwackelkontakt beseitigt und die Donizetti-Musik in Schwung gebracht.

Um die kümmert sich im Orchestergraben das Landesjugendsinfonieorchester Brandenburg unter Leitung von Leo Siberski, das voller Eifer und Begeisterung und Spielwitz überaus professionell bei der Sache ist. Menschen aus Fleisch und Blut bevölkern die Szene. Mit dem Amerikaner Timothy Oliver (gegenwärtig an der Dresdner Semperoper engagiert) steht ein von diversen Liebesnöten geplagter Nemorino auf der Bühne, der mit jungenhaftem Charme, seinem hellen, glanzvollen, kraftstrotzenden und höhenstrahlenden Tenor zur Sensation des ausgiebig umjubelten Abends wird.

Überaus glaubhaft, wie er sich vom unbedarften und geschurigelten Dörfler zum Liebeskämpfer um seine Adina (mit blitzsauberem Koloratursopran: Anett Fritsch) entwickelt. Kultiviert und antischwülstig trägt er den Arienhit „Heimlich aus ihrem Auge“ vor. Auch Adina ist davon beeindruckt, die sich nicht weniger überzeugend vom flatterhaften Wesen zur treuen Gattin in spe mausert.

An beider Entwicklung haben nicht unwesentlichen Anteil der machohaft sich spreizende Offizier Belcore (stimmrobust und weitgehend ohne Belcantoambitionen: Joa Helgesson) und der aufschneiderische Quacksalber und „Liebestrank“- Verkäufer Dulcamara, dem Norman Patzke leider wenig bassbuffoneske Züge verleiht. Als Chor erleben wir nun auch die Parksänger wieder, stimmlich nunmehr in weit besserer Verfassung. Nach insgesamt dreieinhalb Stunden weiß man um die Wirkungen eines „Liebestranks“.

Wiederholungen: 31. 7., 1., 3. und 4. 8., 19.30 Uhr, Schlosspark und Schlosstheater Rheinsberg, Kartentel.: (03 39 31) 3 92 96.

Peter Buske

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