Kultur: „Andalusisches Feuer
Eskorzo bei „Los Fabulosos Fiestas“ im Archiv
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Leichtes Spiel hatten die spanischen Ska-Rocker von Eskorzo am Mittwochabend im Archiv: Der Saal ist bis unters Dach mit zappligen Leuten gefüllt, die schon bei der Vorband La Feijoa aus Potsdam nicht still halten können. Bevor Eskorzo loslegen, ernten die zehn heimischen Musiker mit ihrem Hafenkneipen- Ska und einem Kontingent an Instrumenten, das jede Musikschule neidisch macht, riesige Beifallsstürme. Danach bahnen sich Eskorzo ihren Weg durch das Publikum, schnappen sich die Instrumente und bringen die Zuschauer mit „Pan y circo“ vom 98er Debüt-Album „Mundo Bullanga“ in Bewegung. Sympathisch begrüßt Frontmann Tony Moreno die Anwesenden in einem esperanto-haften Mix aus Englisch, Spanisch und ein paar Brocken Deutsch.
Schon nach einer Handvoll Lieder ist die in den Gliedern steckende Winterkälte bei der schließlich aus dem sonnigen Andalusien kommenden Band und Tanzenden beseitigt. Eskorzos Latin-Ska arbeitet keine langweiligen Off-Beat-Folgen ab, sondern ist abwechslungsreich und von zahlreichen Tempi-Wechseln geprägt.
Die Saitenfraktion um Gitarrist Carlos Díaz und Bassist Pepegu Cabrerizu übt sich in bescheidener Zurückhaltung, während Sänger Moreno und die Bläser springen, sich schütteln und Schweißperlen durch das Scheinwerferlicht fliegen lassen. Auf der Bühne und davor werden die ersten Kleidungsstücke an den Rand geworfen. Moreno wird in seinen Bewegungen immer wilder: Er singt in den Ausgang der Trompete seines Bandkollegen, wirft seinen Hut umher und schreit immer wieder: „Arriba!“. Eine große Rotweinflasche macht sich auf den Weg zur Bühne und wird nach einigen kräftigen Schlücken wieder an die dehydrierten Fans gereicht. Die haben es bitter nötig und greifen dankbar zu.
Nach zwei Stunden sind die Wände feucht, die Körper verschwitzt und das Repertoire von Eskorzo größtenteils aufgebraucht. Nur widerwillig wird die Band von der Bühne gelassen. Überlegungen werden gemacht, die Band schnell einzubürgern und als Archiv-Hauskapelle ewig an die Stadt zu binden. Schöne Idee, aber Eskorzo muss weiter. Schließlich warten noch andere deutsche Städte auf die Austreibung der Winter-Lethargie durch die Spanier. Der Spanier würde das wohl ein Konzert „de puta madre“ nennen. Die freie Übersetzung hört man nach dem Auftritt mehrfach: „Einfach saugeil!“.
Christoph Henkel
Christoph Henkel
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