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Kultur: Asketisch

Christian Roehl, René Böll und Yi Zheng Lin in der Galerie Ruhnke

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Während der Frühling draußen seine Farben und Gerüche versprüht, setzt die aktuelle Ausstellung der Galerie Ruhnke ganz auf innere Sammlung und im gestalterischen Ausdruck auf Askese. Mit Christian Roehl, René Böll und Yi Zheng Lin hat Galerist Werner Ruhnke erstmalig drei Künstler versammelt, die mit Tusche und Stahl, so der Titel der gleichnamigen Ausstellung, ausschließlich abstrakt arbeiten.

Dabei dominiert René Bölls Malerei – nicht nur quantitativ – die Gesamtpräsentation. Bölls Arbeiten strahlen eine innere Ruhe und Konzentration aus, die der Chinese Yi Zheng Lin im Vergleich so nicht erreicht. Im Ursprung ausgebildeter Jurist, 1991 nach Deutschland emigriert und erst seit 1999 als freischaffender Künstler tätig, wird in den Arbeiten Yi Zheng Lins eine intensive Auseinandersetzung mit der abstrakten Kunst der Nachkriegszeit, insbesondere der informellen Malerei, ablesbar. Chinesische Maltradition gepaart mit dem Ausdruckswillen der westeuropäischen Moderne geht hier eine Symbiose ein, die in ihrer Gesamtwirkung vor allem als dekorativ zu bezeichnen ist. Der Preis für die Expressivität in Malgestus und Farbeinsatz in den Kompositionen von Yi Zheng Lin ist sein zuweilen angestrengt wirkendes Streben nach Effekten an Stelle jener Leere, die René Böll in seiner meditativen Malerei zu erreichen sucht.

Schon seit vielen Jahren beschäftigt sich Böll, 1948 in Köln geboren, intensiv mit der chinesischen Kultur und fernöstlichen Philosophie, namentlich mit der ethischen Lehre des Daoismus. Das Empfinden der tiefen Einheit zwischen Mensch und Natur und die Hochachtung vor dem ewigen Kreislauf des Lebens, das den Daoismus ausmacht, findet sich in der Malerei René Bölls ganz und gar verinnerlicht. Gerade in den Tuschmalereien auf Xuan-Papier, die auf elementare Weise auf Schwarz-Weiß-Kontraste heruntergebrochen sind, teilt sich das Eindringen Bölls in die chinesische Spiritualität ganz unmittelbar mit. Dass er auch über die Technik und die Virtuosität verfügt, welche die traditionelle Tuschmalerei einem Künstler abverlangt, wurde René Böll bereits mehrfach von chinesischer Seite bescheinigt. In der Galerie Ruhnke kann man sich nun selbst von der Meisterschaft und Delikatesse dieser Malerei überzeugen. Beachtenswert dabei die mit Zinnoberpaste aufgebrachten Stempel, die zu der traditionellen Tuschmalerei genauso dazugehören wie die schwarze Spur des Tuschpinsels. Hinter diesen Stempeln verbergen sich unter anderen die in chinesische Schriftzeichen übertragenen Initialen oder der Name des Künstlers. Auch ein Kommentar zur jeweiligen Darstellung kann für den Schriftkundigen in einem solchen Stempelbild enthalten sein. René Böll lässt seine Malerei förmlich atmen. Er unterwirft sich einer strengen Disziplinierung seiner formalen Ausdrucksmittel und bezieht in seine Kompositionen Leerstellen und Zwischenräume wirkungsvoll ein. Die „Lust am freien Raum“, wie es Werner Ruhnke ausdrückt, war es am Ende auch, die möglicherweise den entscheidenden Impuls zur Gemeinschaftsausstellung gab.

Die auf eine klare Formensprache reduzierten Skulpturen aus geschmiedetem Edelstahl des Potsdamer Bildhauers Christian Roehl passen sich harmonisch in die Konfrontation von Tusche- und Stahlarbeiten ein. In ihrer Zurückgenommenheit werden die bildhauerischen Arbeiten in der Ausstellung stellenweise durch die starke Präsenz der Tuschemalereien etwas unvorteilhaft an den Rand gedrängt. Mehr Skulptur von Christian Roehl präsentiert die Galerie Ruhnke auf dem Gelände des Findlingsgartens am Seddiner See, wo die Außenskulpturen ihre Wirkung uneingeschränkt unter freiem Himmel entfalten.

In Potsdam lassen sich sowohl die Qualität der gezeigten Arbeiten als auch der Anspruch des Ausstellungskonzepts an der Fähigkeit und Entschlusskraft der gezeigten Künstler messen, auf Überflüssiges zu verzichten und sich im formalen Ausdruck zur Reduktion und zum freien Raum zu bekennen.

Galerie Ruhnke, Hegelallee 41. Do-So 14-19 Uhr bis zum 15. April

Almut Andreae

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