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Kultur: Assoziationsreiche Musik

Letzte „Dornenzeit“ 2006 in der Friedenskirche

Stand:

„Da nahm Pilatus Jesum und geißelte ihn", beginnt das 19. Kapitel aus dem Johannes-Evangelium. Es berichtet weiterhin von Dornenkrönung, Kreuzigung, Tod und Begräbnis. Die fünfte „Dornenzeit“-Station in der Friedenskirche stellte diesen Text in den Mittelpunkt der Lesungen, für die Markus Schütte die Auswahl getroffen hatte. Die musikalischen Beiträge breitete Matthias Jacob an der Woehl-Orgel gedankenreich aus, auf Kreuzigung, Tod und Begräbnis bezogen. So fand das assoziationsreiche Geschehen an diesem Sonnabendnachmittag aber fast ausschließlich in der Musik statt.

Gerahmt wurde die knappe Stunde von Bachs Präludium und Fuge h-Moll BWV 544, die Anfang und Ende markierten. Im vollen Orgelwerk und durchweg im Forte ließ es Jacob zu Beginn prinzipalstimmengewichtig brausen, von Größe und Unerbittlichkeit künden. Spröde und gravitätisch hob Samuel Scheidts Psalmenvertonung „Da Jesu an Creutze stundt“ an, gefolgt von mit Flötenregistern, Tremulant oder Vox humana passend registrierten Variationen der Liedmelodie. Die Bachsche Deutung dagegen erwies sich als schlichte und kurze Variante. Olivier Messiaens Gedanken über „La Banquet Celeste“ (Das himmlische Festmahl) erfuhren eine schwebende und ätherische Wiedergabe, wobei er mit dem Tremulanten nicht sparte. Das Bekenntnis „Jesu, meine Freude“ kam zunächst in der hoffnungsfrohen Bachvariante zu Gehör, dann als mehrteilige Partita von Johann Gottfried Walther. In deren Variationen konnte Jacob mit hellklingenden Stimmen, fantasievollen Mixturen, gläsernen und tremulierenden, dunklen und hellen Färbungen den kontrastreichen Spielspaß gleichsam auf die Spitze treiben.

Fehlte es dem Organisten nicht am eigenen Bekenntnis zu den Stücken, vernmisste man es diesmal bei Markus Schütte. Rhetorisch genügsam las er den Psalm 102 und den Text von Paul Gerhardts Kirchenlied „O Haupt voll Blut und Wunden“, auch die „Karsamstagslegende“ von Bertolt Brecht. Schade, dass eine Mitnahme des Publikums zu des Vortragenden eigenen Erkenntnissen, zu An- und Einsichten, zur Auseinandersetzung gegenüber dem Tagesthema selten erfolgte. Peter Buske

Peter Buske

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