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Kultur: Attacken mit Grips und Meinung Comedian Marc-Uwe Kling im Theaterschiff

Wer hat nicht schon einmal die Lust verspürt, seine Mitmenschen vor Lokalitäten oder Events zu warnen, die weder Mehrwert noch Unterhaltungswert versprechen? Kabarettist, Musiker und Autor Marc-Uwe Kling jedenfalls hat sich dieses Problems angenommen und kurzerhand Aufkleber mit den Aussagen „LaLaLaLaLANGWEILIG“ und „Scheißverein“ designt, die angenervte Bürger zur Markierung ebensolcher Institutionen, Situationen oder Provokationen verwenden können.

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Wer hat nicht schon einmal die Lust verspürt, seine Mitmenschen vor Lokalitäten oder Events zu warnen, die weder Mehrwert noch Unterhaltungswert versprechen? Kabarettist, Musiker und Autor Marc-Uwe Kling jedenfalls hat sich dieses Problems angenommen und kurzerhand Aufkleber mit den Aussagen „LaLaLaLaLANGWEILIG“ und „Scheißverein“ designt, die angenervte Bürger zur Markierung ebensolcher Institutionen, Situationen oder Provokationen verwenden können.

Besuchern des Theaterschiffs am vergangenen Sonntagabend stand es sicher frei, gegebenenfalls auch die vom Gestalter selbst veranstaltete Lesung aus dem im September in Buchform erscheinenden Känguru-Manifest mit ebensolchem Aufkleber zu versehen und damit zu bewerten. Aber Grund für solch deutliche Missfallensbekundung gab es eigentlich nicht. Der Künstler, Ende Zwanzig, schmal und jungenhaft, in Jeans und Shirt, an den Füßen Turnschuhe und auf dem Kopf eine kleidsame Kappe, gibt sich zur Begrüßung erst einmal recht wortkarg, beinahe ein wenig gelangweilt.

Er rasselt seine Meinungsumfrage herunter, in der er feststellt, wer sein Programm kennt oder SPD wählt, erklärt, dass er mit einem Känguru zusammenwohnt, ganz wahrheitsgemäß, zukunftsmäßig sozusagen, und dann blättert er in einer großen schwarzen Kladde mit seinen Texten, schmeißt, ganz Kleinkünstler, seine Requisiten (Stift und Lesezeichen), theatralisch hinter sich und beginnt. Lässt mit beinahe eingefrorenem Gesicht und völlig unberührt von seinem überwiegend jungen Publikum, das aus dem Lachen kaum herauskommt, seine Geschichten vom Stapel, die kühl und bissig, mal als Text und mal als Lied, eine Gesellschaft aufs Korn nehmen, die sich über den Job definiert, mit Hörsprechgarnituren ausstattet und als digitale Bohème sämtliche Großstadtcafés bevölkert.

Er macht auch nicht halt vor wirklich wunden Punkten wie der optionalen Privatisierung der deutschen Bundeswehr und möglichen Einspar- und Werbemaßnahmen, deren Zynismus beweist, dass hier ein Autor mit Grips und Meinung steht, der das von ihm ausgezeichnet beherrschte Metier des Schreibens voll ausschöpft und sich Gehör verschafft.

2003 hat er erstmals die Öffentlichkeit probiert und auf Lesebühnen und bei Poetry-Slams seinen Sinn für Humor und Spitzfindigkeit bewiesen. 2006 gab es dann die erste Belohnung: ein Sieg bei den Poetry-Slam Meisterschaften in der Kategorie Einzel. Und weil es so schön war, wiederholte er das Ganze 2007 noch einmal.

2009 erscheint dann Klings erstes Buch, die „Känguru-Chroniken“, hintersinnige Situationskomik mit einem kommunistischen Känguru, das gern Nirvana hört und Schnapspralinen isst. Einmal wöchentlich kann man bei Radio Fritz dabei sein, wenn Kling und das Känguru sich verbal duellieren. Dass hier beste Unterhaltung geboten wird, beweist der 2010 verliehene Deutsche Radiopreis in der Kategorie Beste Comédie.

Kein Wunder also, dass das Potsdamer Theaterschiff an diesem Abend ausverkauft ist und das Publikum sich die Wortattacken des Comedians gerne live um die Ohren hauen lässt. Hat Marc-Uwe Kling sich schon mit den „Känguru-Chroniken“ eine feste Fangemeinschaft erschrieben, so verspricht der zweite Teil mit seinem Figurenensemble aus Känguru, Pinguin, Otto, Friedrich Wilhelm, Jörn Dwix und Frau Müller spannend wie ein Krimi zu werden. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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