Kultur: „Auch andere Lösungen diskutieren“
Markus Wicke über die Planungen, das Potsdam-Museum in eine gGmbH umzuwandeln.
Stand:
Herr Wicke, das Potsdam-Museum soll vielleicht schon ab Mitte 2014 in eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt werden. Das würde für das Museum mehr Freiräume, gleichzeitig aber auch mehr wirtschaftliche Verantwortung bedeuten. Sie sehen dieser Entwicklung aber mit Skepsis entgegen?
Wir haben im Vorstand des Fördervereins darüber gesprochen und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht grundsätzlich dagegen sind. Aber wir sind der Meinung, dass hier auch andere Lösungen diskutiert werden sollten.
Welche Lösungen meinen Sie?
Das ist vor allem das Modell einer Stiftung. Ich verstehe sehr gut den Wunsch des Museums, sich aus den Strukturen der Stadtverwaltung lösen zu wollen. Aber das Modell einer gGmbH ist für ein Museum mit einer eigenen Sammlung etwas Ungewöhnliches. Das ist üblich für Ausstellungshäuser ohne eine solche Sammlung wie beispielsweise das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte.
Warum sind das Modell einer gGmbH und ein Museum mit eigener Sammlung Ihrer Meinung nach nicht vereinbar?
Ich befürchte, dass es unter diesen Umständen im Museum zu einer Entfremdung von der eigenen Sammlung führen kann. Eine gGmbH unterliegt bestimmten Effektivitätsgrundsätzen, sie muss wirtschaftlich arbeiten. Und das könnte, unabhängig von den derzeit handelnden Personen, irgendwann einmal dazu führen, dass die Sammlung gar nicht mehr interessiert, weil es nur noch darum geht, Einnahmen zu erbringen, um den Museumsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Sie befürchten, dass irgendwann nur noch die Zahlen und nicht so sehr der Inhalt der Ausstellungen im Vordergrund stehen?
Ja, das kann der Fall sein, auch wenn die GmbH gemeinnützig ist. Und das ist für jedes Museum Gift. Uns als Förderverein geht es vor allem um die Sammlung. Hier muss auch für die Zukunft gewährleistet sein, dass diese ständig gepflegt und weiter ausgebaut wird.
Wenn das Potsdam-Museum in eine gGmbH umgewandelt wird, bleibt aber die Immobilie und auch die Sammlung im Besitz der Stadt. Auch wird die Stadt Potsdam das Museum weiterhin fördern. Sehen Sie nicht allein dadurch die Sicherheiten gegeben, dass es zu einer solch fatalen Entwicklung erst gar nicht kommen kann?
Ich hoffe, dass da genug Sicherheiten geschaffen werden, dass so etwas nicht passiert. Sollte die Entscheidung für die gGmbH fallen, muss unbedingt ein entsprechendes Aufsichtsgremium gegründet werden, in dem auch der Förderverein Sitz und Stimme haben muss. Oder es wird doch noch darüber nachgedacht, statt der gGmbH eine Stiftung zu gründen. Hinzu kommt, dass für die Gedenkstätte Lindenstraße 54/55 das Modell einer Stiftung gewählt wurde. Und was dort funktioniert, kann doch auch für das Potsdam-Museum genommen werden.
Was spricht so sehr für eine Stiftung?
Das Potsdam-Museum ist als Stiftung von Bürgern dieser Stadt gegründet worden. Es hieß zwar nie Stiftung, aber der erste Betreiber war ein Verein. Und ich finde, die Idee einer Stiftung, die der Ursprung für das Museum gewesen ist, in unsere Zeit zu tragen, wäre nur logisch. Vom Betriebsmodell macht das keinen Unterschied. Auch eine Stiftung muss wie eine gGmbH wirtschaftlich arbeiten. Aber da haben wir auch lange Diskussionen im Verein geführt und manche Mitglieder sehen das nicht so wie ich. Trotzdem finde ich es zum jetzigen Zeitpunkt sehr wichtig, dass die Diskussion nicht zu einseitig in Richtung gGmbH geführt werden sollte. Letztendlich liegt die Entscheidung bei den Stadtverordneten. Da sollte schon über verschiedene Alternativen ausgiebig gesprochen werden. Und vielleicht findet sich ja in den kommenden Jahren ein Stifter, der ein Grundkapital zur Verfügung stellt.
Von welcher Summe sprechen Sie?
Das ist jetzt so konkret nicht zu benennen. Das legt die Stiftungsaufsicht des Landes fest, mit welchem Gründungskapital eine solche Stiftung ausgestattet sein muss, um auch langfristig bestehen zu können.
Unabhängig von der Frage Stiftung oder gGmbH, wie beurteilen Sie grundsätzlich die Entwicklung des Potsdam-Museums in den vergangenen Jahren?
Das Museum hat in den vergangenen Jahren ohne Zweifel eine sehr positive Entwicklung genommen. Mit dem neuen Haus im Alten Rathaus wurde endlich die Standortfrage geklärt. Im kommenden Jahr wird sich das Haus mit der Dauerausstellung in Gänze präsentieren und die Eröffnungsausstellung „Friedrich und Potsdam – Die Erfindung (s)einer Stadt“ wurde bisher sehr gut angenommen. Darüber sind wir auch sehr glücklich. Aber natürlich gibt es immer noch Potenziale.
Wo sehen Sie bei diesen Potenzialen dringenden Handlungsbedarf?
Die Stadt hat nun in den neuen Standort Altes Rathaus investiert. Im kommenden Jahr wird endlich die Dauerausstellung präsentiert. Nun muss aber auch in die Depots investiert werden, damit eine systematische Erfassung der Bestände der Sammlung ermöglicht wird. In einzelnen Sammlungsbereichen ist diese Erfassung schon sehr weit vorangeschritten, in anderen dagegen nicht. Und dann muss das Museum auch mehr ein Lernort werden.
Sie meinen, dass der museumspädagogische Bereich stärker ausgebaut werden soll?
Nein, das bezieht sich nicht allein auf museumspädagogische Angebote. Die gibt es ja jetzt schon. Hier geht es um das breite Thema der kulturellen Bildung. Da muss, auch bei der Größe dieses Hauses, personell etwas passieren. Und wenn das erst einmal nur in Form einer halben Stelle geschieht.
Das Museum wird da andere Prioritäten setzen, schließlich sind zwei langjährige Mitarbeiter in den Ruhestand gegangen.
Ja, und diese Stellen müssen so schnell wie möglich wieder besetzt werden. In einem Fall plädieren wir für einen promovierten Zeithistoriker. Denn mit der Direktorin Jutta Götzmann arbeitet im Museum schon eine promovierte Kunsthistorikerin. Zeitgeschichte wird immer wichtiger, wie sich das auch in aktuellen Diskussionen in der Stadt zeigt, wie beispielsweise gerade um die Ehrenbürgerschaft von Hindenburg. Potsdam ist auch ein Ort des 20. Jahrhunderts. Das ist dann aber nicht nur Repressionsgeschichte, die sich beispielsweise in den Gedenkstätten in der Lindenstraße und der Leistikowstraße widerspiegelt. Da ist das ganze Spektrum bürgerlicher Geschichte zu finden. Das muss in einem solchen Museum auch personell bedient werden.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Markus Wicke, geb. 1971 in Salzwedel (Sachsen-Anhalt), studierte Politikwissenschaften und Soziologie. Seit 2005 ist er Vorsitzender im Förderverein Potsdam-Museum.
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