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Kultur: Auf dem Pilgerweg zur Kunst

Rauminstallation, Objekte und Zeichnungen von Katrin Bongrad und Uwe Carow in einem Ladenlokal der Dortustraße

Rauminstallation, Objekte und Zeichnungen von Katrin Bongrad und Uwe Carow in einem Ladenlokal der Dortustraße Von Götz J. Pfeiffer Wie weit ist es in den Himalaja? In Potsdam nur ein kleiner Weg. Ein Stück die Brandenburger Straße hinunter, in die Dortustraße Richtung Norden und dann nach einigen Schritten auf der linken Häuserseite. In einem kleinen, typischen Ladenlokal im Haus Nummer 12 haben Katrin Bongard und Uwe Carow ihre „Ceremony Shop“ überschriebene Ausstellung eingerichtet. Zu sehen und erleben sind eine Installation, kleine Objekte, Fotos und Zeichnungen, die den Besucher in zwei Räumen mit so alpinem wie ungewohntem Ambiente empfangen. „Zeremonie“ ist der erste, größere Raum überschrieben. Fähnchen an kreuz und quer gespannten Leinen wehen leicht im künstlichen Wind eines Ventilators. An den Wänden hängen Carows Teerzeichnungen auf Transparentpapier mit hochalpinen Bergkulissen. Sie wirken wie hingewischt, als ferne und doch präsente Erscheinungen einer Fata Morgana. Man muss nicht wissen, dass in Fähnchen und Bergen der „Puja“ genannte Ritus beschworen wird, mit dem sich tibetanische Sherpas auf ihre Bergtouren vorbereiten, indem sie Gebete auf Seidenfähnchen schreiben. Unübersehbar sind im „Ceremony Shop“ die unbeschriebenen Fähnchen in Augenhöhe gehängt und verbreiten eine pseudoreligiöse Atmosphäre. Das hätte man in einer Kunstschau nicht erwartet. Zum „Laden“, der den zweiten Teil des Ausstellungstitels vorstellt, wurde der hintere, kleinere Raum auserkoren. Kleinformatige Teergrafiken Carows mit hochalpinen Bergmotiven und in Wachs geformte Bozzetti der Bronzestatuette seines aufwärts schauenden „Adam“ finden sich hier zumVerkauf. Zu dieser zwitterhaften Präsentation zwischen Kunstschau und Ladenauslage hat Bongard kindlich anrührende, origamihafte Objekte aus gefaltetem Wachstuch, passend zu den alpinen Motiven „Magic Mountain“ benannt, und als „Andenken“ bezeichnete Fotos von Bergbesteigungen unter einer Wachsschicht beigesteuert. Letztere sind so zerknittert, als hätten sie schon auf mehreren Expeditionen als Souvenir oder Talisman gedient. Wie schon in ihren letzten Ausstellungen in Potsdam, geht es Bongard und Carow nicht nur um den betrachtenden Genuss ihrer Arbeiten. Sie wollen ihre Besucher auch zum Nachdenken anregen. Die ausgestellten Arbeiten dienen dazu – will man einen Vergleich des asiatischen Kulturkreises bemühen – als Anstoß und mandalaartige Meditationshilfen. So lässt sich über Käuflichkeit und Unverkäuflichkeit künstlerischer Werke und die darin versammelte Energie räsonnieren. Bedenkenswert ist, dass die beiden Neu-Potsdamer einen Ort des Kaufens in einen Platz für Kunst verwandelt haben. Dass dabei religiöse Elemente eine Rolle spielen, ist keineswegs abwegig, spricht man doch sowohl vom „Kunst-„ wie vom „Konsumtempel“. Wie nahe sich beides schon gekommen ist, zeigen die in vielen Museen florierenden Museumsshops, wo Kopien der musealen Objekte angeboten werden – wie auch im „Laden“ von Bongard und Carow. Beachtenswert ist diese seltene Präsentationsform künstlerischer Arbeiten auch noch in zweifacher Hinsicht. Galerist und Kunsthändler als klassische Mittler zwischen Künstler und Käufer sind ausgeschaltet. Und: Die ausgestellten Objekte werden von ihren Produzenten in einen eigens geschaffenen Zusammenhang gestellt, sind gleichsam Teil einer großen Rauminstallation. Gewiss eignen sich derlei Selbstvermarktungsstrategie und Selbstinszenierung nicht für jede Art von Kunst. Beide können aber erfolgreich sein. Das zeigt das Beispiel von Bongard und Carow. Immer aber wird der Betrachter und Besucher gebraucht. Ob als Käufer oder nur als Konsument mit wachem Blick. Im „Ceremony Shop“ wird er zum Pilger auf dem Weg zur Kunst. Bis 27.3. im Laden Dortustr. 12, 11-18 Uhr. Mehr: www.quantenspruenge.de.

Götz J. Pfeiffer

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