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Kultur: Auf dem Weg

Peter Kurgan hat eine neue Richtung eingeschlagen: als Maler und Galerist

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Peter Kurgan ist auf dem Weg. Die Zeit seiner lieblich-romantischen Fotografien scheint hinter ihm zu liegen. Die großformatigen Bilder in seiner neuen Galerie weisen ihn als experimentierfreudigen Maler aus, der sich im Seelenlabyrinth treiben lässt. Weiße Figuren schweben über satte rote Leinwände: schreiten allein und paarweise voran, verschwinden am Horizont. Wie Flüchtlinge in einer glutroten Wüste. Nichts ist festgezurrt – nur ein flirrendes Gefühl und Neugierde stellen sich beim Betrachten ein. Die Oberfläche atmet, zieht tiefer hinein. Ein Spiel mit Andeutungen, vorsichtigen Linien. Da ein Haus, das sich beim genauen Hinschauen heraus schält, da ein Gesicht, dort eine Brücke – und immer wieder der Weg. So ist auch sein Zyklus, an dem er seit vielen Monaten intensiv arbeitet, überschrieben. Er ist ein Spiegelbild seines eigenen Ichs, das offenbar bereit ist, nach außen zu treten.

Peter Kurgan hat sich nicht nur künstlerisch verändert, sondern auch räumlich. Aus familiären Gründen gab er seine idyllisch gelegene Galerie am See auf und begab sich mitten hinein in das quirlige Straßenleben des Holländischen Viertels. Hier treibt es vor allem die Touristen entlang und immer wieder auch in seine Galerie hinein. Das Geschäft scheint zu florieren. „12 Bilder von mir habe ich in kürzester Zeit verkauft. Das wäre mir in der abgelegenen Seestraße nie passiert.“ Peter Kurgan weiß, mit bezahlbaren Angeboten zu locken. Er ist nicht nur der Maler, der sich selbst verwirklicht. Als erfahrener Galerist versteht er es auch, geschickt um Käuferinteressen zu buhlen. Und da fotografiert er eben seine „Weg-Beschreibungen“ einfach auch ab und verkauft sie ebenso wie Arbeiten anderer Potsdamer Maler. Vor allem die Pastelle von Alfred Schmidt mit Potsdam-Impressionen finden da Gefallen bei den Touristen. Auch für Anne Gottwald und Thomas Kahlau möchte Kurgan künftig seine Galerietür öffnen.

Einer, dem er ständig die Treue hält, ist Egon von Kameke. Doch da lässt er Vorsicht walten, will keinen Ausverkauf des von ihm verehrten, 1955 verstorbenen Expressionisten, versichert er. Eine Ausstellung ist ihm aber ab September zugedacht: Sie soll Aktmalerei von Kameke zeigen. Dazu hängt er die Fotografien der ehemaligen Deutschen Meisterin im 1500-Meter-Lauf Kathleen Friedrich zum Thema „Gesicht einer Frau“.

Kameke war Kurgans großer Verführer, der den gelernten Kaufmann vor sechs Jahren zum Pinsel greifen ließ. „Ich wollte rauskriegen, wie er mit den Farben umging, wie er zum Beispiel das Licht in die Fenster kriegt.“ Er laborierte in Mischtechniken, band die Farben mit Eiweiß und Eigelb, schaute, welche Farben zusammen passen. Dem Meister konnte er nicht das Wasser reichen. Es blieb aber der Versuch einer Annäherung.

Seinen zweiter Lehrer fand er auf Lanzarote: in Cesar Manrique, vielmehr in einem seiner Schüler. Er nahm Unterricht auf der Vulkaninsel, lernte ebenso wie zu Hause bei der Malerin Oda Schielicke Grundkenntnisse in Komposition und Technik. Schon für seine „Feuerbilder“ Lanzarotes, die im Potsdamer Restaurant Da Vinci zu sehen sind, laborierte er wie jetzt in dem zehnteiligen Weg-Zyklus mit Wärme. Dazu nutzt er eine Vakuumpresse. Zuerst aber wird die Leinwand weiß grundiert, dann kommt Gelb darüber, in das er verschiedene Motive hinein malt. Es folgt eine Schicht Orange und zuletzt das mit Eigelb versetzte Rot. Ein Silikonpapier, an dem nichts kleben bleibt, bildet den Abschluss. Diesen mehrschichtigen Auftrag schiebt er auf die Wärmeplatte. Bei 130 Grad vermischen sich die Farben, manche Motive verschwinden, andere lugen vorsichtig durch. Ein bisschen erinnert es an die Encaustic – eine Jahrhunderte alte Technik, bei der mit geschmolzenem Wachs gemalt wurde. Zum Schluss nimmt Kurgan weiße Kreide, und lässt seine Figuren über die Leinwand wandern. Seinen „Weg“-Arbeiten gibt er dann Titel wie Geschwisterlichkeit, Ankunft, Verweilen, Urteil, Neubeginn oder Aufklärung. „Ich male meistens nachts, denn von Sonntag bis Sonntag stehe ich von 10 bis 20 Uhr in der Galerie. Ich muss erst mal alles zum Laufen kriegen.“ Und dabei kommen ihm seine modernen Maschinen zugute, auf denen er computergesteuert in Windeseile Passepartouts zuschneiden kann. Auch Rahmen der Wahl fertigt er an. Gehören sie zu den 30 Standard-Sorten, kann der Kunde gleich drauf warten. Zudem veredelt Kurgan in seiner „Ofen-Presse“ Fotos, überzieht sie mit einer feinen Folie, wie gerade jetzt Arbeiten mit Hund für Wolfgang Joop. Daneben steht ein gemaltes Stillleben mit Fisch von Kurgan. Malerei nach Modell, wie er sie lange bevorzugte. „Irgendwann konnte ich mich nicht mehr so darauf konzentrieren.“ Er ließ die Farben fließen. Viele seiner früheren Bilder bezeichnet er heute als schöne Dekoration. Er hofft, dass er jetzt seinen Weg gefunden hat. Ein Galerist aus Schottland will jedenfalls Kurgans neue Arbeiten ausstellen. Und vielleicht folgen ja bald weitere Weg-Gefährten.

Von Heidi Jäger

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