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Kultur: Auf der Suche nach dem Prinzen

Die Theatergruppe ASCHA spielte „Der schwule Muck“ in der fabrik

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Die Theatergruppe ASCHA spielte „Der schwule Muck“ in der fabrik Ein Jugendstück mit dem Titel „Der schwule Muck“ und eine Inhaltsangabe dazu, die auf eine märchenhafte Umsetzung hindeutet. Da lässt sich leicht eine jugendgerechte Problematisierung des Themas Homosexualität befürchten, die ein „Wir verstehen dich“ und „Du bist nicht allein mit deinem Problem“ transportieren möchte. Aber wer hätte diese unbeschwerte frech verdrehte Märchenwelt erwartet, welche die Jugendtheatergruppe ASCHA in der fast ausverkauften fabrik für eine knappe Stunde aufleben ließ. Der Junge im weißen Kleid (Julian Mücke) scheint gar nicht zu merken, dass an seiner Kleidung irgendetwas vielleicht unangemessen ist. Er sieht nur diesen hartnäckigen Fleck auf dem Stoff, den er wegzuschrubben versucht und seinen königlichen Vater, der ihn einfach nicht lieben will. Dann wird der Junge im weißen Kleid entführt und seine Schwester rennt hinterher. Sie will ihn befreien, denken alle. In Wirklichkeit ist sie nur verärgert über den Entführer, der zu blöd war, sie selbst zu entführen und ihren Bruder mit ihr verwechselte. Doch das wird erst ganz zum Schluss klar. Zunächst einmal kommen aus dem Off die Nachrichten aus dem Zauberwald: Es gibt drei Herbstverweigerer, sie sollen gerodet werden; für den Retter der entführten Prinzessin Orangina hat der König eine Belohnung von 700 000 Kröten ausgesetzt. Muck (Julia Schilf), der vom Leben frustrierte Privatdetektiv, bekommt einen Tipp, wo die Prinzessin stecken könnte und macht sich auf die Suche. Seine Zeit als berühmter „Kleiner Muck“ ist längst vorbei. Zwar trägt er noch die charakteristischen Pantoffeln, doch sie haben keine Zauberkräfte mehr, bringen ihn nirgendwo hin und verhelfen ihm zu keinem Glück. Auch bei Dornröschen (Nina Remmlinger) und Schneewittchen (Lisa Hampel) läuft die Sache nicht mehr so glatt wie im Märchen. Sie warten vergebens auf den Prinzen, der sie erlöst und mit sich fortnimmt. Schneewittchen ist bei „sieben Landeiern“ gestrandet und Dornröschens hundertjähriger Schlaf war sozusagen „für die Katz“. Als Muck auftaucht, schließen sich Schneewittchen und Dornröschen seiner Suche nach Orangina an, obwohl Orangina lästige Konkurrenz darstellt. Aber vielleicht ist Muck ja doch ein Prinz oder es findet sich unterwegs noch einer. Der Prinz der sich findet, quakt wie ein Frosch (Eric Eichstädt). Muck wirft der Hexe vor, sie betreibe Tierquälerei, denn sie hat dem Frosch nicht nur ein Bein ausgerissen, sondern ihn auch noch in einen Prinzen verwandelt, mit Krücke. Der Kuss einer Prinzessin kann ihn aus dem Prinzendasein befreien. Aber wer will schon einen Frosch küssen, Schneewittchen auf jeden Fall nicht. Erst als Muck das Schloss des Tyrannen gefunden hat und statt Orangina, die mit dem tyrannischen Schlossherrn durchgebrannt ist, Orangino befreit, für den der König keinen Pfennig zahlt, und als Muck und Orangino frisch verliebt miteinander tanzen, überwindet sich Schneewittchen und drückt dem Prinzfrosch einen Kuss auf die Wange. Erlöst quakend hüpft er von dannen. „Der schwule Muck“ ist ein Stück von Ilja Schilling. Für die erst seit Anfang diesen Jahres in dieser Konstellation zusammenarbeitende Gruppe ASCHA war es die erste Arbeit. Die Gruppe besteht aus fünf Jugendlichen zwischen 13 und 15 Jahren und wird von Aline Bosselmann geleitet, die auch eine kleine Rolle übernahm. Alle übrigen Rollen bestritten die Jugendlichen in bis zu dreifacher Doppelbesetzung. Große Spielfreude, teilweise beachtliches komödiantisches Talent und ein überzeugend gestaltetes reduziertes Bühnenbild machte den Theaterabend zu einem kurzweiligen Erlebnis das mit der Begeisterung des Publikums belohnt wurde. Ob es weitere Theaterstücke von dieser Gruppe geben wird, ist noch nicht sicher. Schade wäre es, wenn die Jugendlichen, die in anderen Potsdamer Jugendtheatergruppen keinen Platz mehr gefunden hatten, wieder zurück auf die Warteliste müssten, anstatt mit fantasievollen und unkonventionellen Stücken das Publikum zu erfreuen. Dagmar Schnürer

Dagmar Schnürer

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