
© Andreas Klaer
Von Almut Andreae: Auf ein Neues!
„Wir wollen erst einmal den Raum begreifen“: Mit den „Kleinen Formaten“ bezogen Rainer und Ursula Sperl am Nikolaisaal Quartier
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Der veränderte Galeriename bringt es auf den Punkt. Auf ihrer Wanderschaft durch die Stadt ist die Sperlgalerie nun am Nikolaisaal angedockt. Neu bespielt werden unter dem Label Sperlgalerie@nikolaisaal die Räume der bisherigen Ticket-Galerie über dem Eingangsfoyer. Mit der Eröffnung der Ausstellung „Kleine Formate No. 16“, die elf überwiegend junge Künstlerinnen und Künstler vereint, präsentieren sich Rainer und Ursula Sperl nunmehr mit frischen Visionen.
Demnach rückt künftig mehr als bisher die junge Kunst in den Vordergrund des Galeriegeschehens. Überwiegend zwischen 1970 und 1983 geborene Künstler prägen beim Neuauftritt der Galerie das Gesicht der aktuellen Ausstellung. Dem Besucher wird optisch eine bunte Mischung aus figürlicher und abstrakter Malerei sowie Collagen dargereicht. Zu entdecken sind Lezzueck Asturias-Coosemans aus Guatemala und seine gemalten Phantasien über die Beziehung zwischen Mensch und Tier. Aus Potsdam erstmalig dabei ist die Künstlerin Heike Isenmann. Von ihr sind Bilder im quadratischen Kleinformat aus der Serie „Zu Tisch“ zu sehen, außerdem Beispiele aus ihrer Serie „Sternbilder“. Hineinmontiert in Zigarrenkisten hat die Künstlerin Miniaturszenen etwa zum Fuhrmann oder zum Widder. Verspieltheit und Fetischismus dieser Objekte der Sternbilder harmonieren bestens mit den „Sammelbildern“ von Alexander Gutsche gleich daneben. In ihnen fügen sich Haarspangen, Knöpfe, winzige Tierchen und Steinchen aus buntem Plastik konzentrisch zu Collagen. Ebenso von Gutsche ist ein Künstlervideo, das mittels Trickfilm und monotonem Sprechgesang („Kreuzchen hier, Kreuzchen da“) „Das Formular“ auf die Schippe nimmt. Witzig, ironisch aber auch ernsthaft ist ganz offenbar der gebürtige Potsdamer, der inzwischen in Leipzig lebt. Ebenfalls von ihm ist in der Ausstellung vorzügliche Druckgraphik in limitierter Auflage zu sehen. Auf relativ kleiner Fläche vereint die Ausstellung eine breite Palette sich stark voneinander unterscheidender künstlerischer Handschriften. Da treffen die Ölgemälde des Vietnamesen Pham Viet Bang auf die Hinterglasmalerei von Astrid Germo. Demgegenüber bildet die aus Tier- und Pflanzenformen entwickelte abstrakte Acrylmalerei von Mathias Melchert einen kraftvollen Kontrast zu den überaus fragilen Naturcollagen aus Samen von Kerstin Weßlau. Von ganz anderem Kaliber ist da Tom Korns flauschiger Realismus, kreiert aus Velourteppichstücken nach der Vorlage sozialistischer Architektur.
Die regelmäßig zum Jahresende präsentierte Ausstellung „Kleine Formate“ der Sperlgalerie mischt ausgewählte Künstler der Galerie mit solchen, die hier erstmalig zu sehen sind. Wie immer sind die in diesem Rahmen gezeigten Arbeiten ganz aktuell für die Ausstellung entstanden. Mit der Gruppenschau im bewährten kleinen Format kommen Rainer und Uschi Sperl gut an ihrem neuen Wirkungsort an. Nach ihrem Zwischenspiel am Kanal inklusive 450 Quadratmeter Ausstellungsfläche ist die Umstellung auf nunmehr 60 Quadratmeter ein Quantensprung. Unabhängig davon betont Rainer Sperl, „bleibt das Konzept wie es ist“.
Aufgeschlossen gibt sich das Galeristenpaar gegenüber Überlegungen, eigene Aktivitäten inhaltlich auch mal gezielt mit denen des benachbarten Nikolaisaals zu verschränken. „Wir sind hier gut eingebunden und fühlen uns willkommen“, freut sich Uschi Sperl über den offenkundig guten Draht zu den direkten Nachbarn. Die Bereitschaft zum Dialog, zum Austausch zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Ausstellungsräume auch während der Konzertpausen zu besichtigen sind. Den Standortwechsel begrüßen die Sperls als Chance, sich neuen Herausforderungen zu stellen. An Ideen, die neue Aktionsfläche zu bespielen, fehlt es dem Vernehmen nach offenkundig nicht. Einen Wechsel empfinden die beiden Umzugserprobten in jedem Falle als spannend. Mit der Vorfreude verbindet sich die Einsicht, was Priorität hat: „Wir wollen erst einmal den Raum begreifen.“ Almut Andreae
Bis zum 30.Dezember. Öffnungszeiten: Mi bis So 12-18 Uhr. Die Ausstellung ist in den Konzertpausen zugänglich. Wilhelm-Staab-Straße 10-11
Almut Andreae
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