zum Hauptinhalt
Lasst es uns einfach probieren. Zuerst war da nur die Lust am Zusammenspiel, mittlerweile sind Sebastian Schulze, Soumitra Paul und Heiner Stilz (v.l.) das Trio Ek Safar.

© pr

Kultur: Auf Reise

Das Potsdamer Trio Ek Safar verbindet Klavier, Klarinette und Tabla zu sehnsuchtsvoller Musik

Stand:

Es muss an Potsdam liegen. Irgendetwas wirkt in dieser Stadt, ganz besonders in Babelsberg. Es ist eine musikalische Kraft, die sich in diesem Stadtteil zu entfalten scheint und etwas entstehen lässt, das in dieser Konzentration wohl einmalig ist in Deutschland. Dabei entwickelt sich eine Musik, die mehr oder weniger stark beeinflusst ist von der indischen Raga-Tradition, die aber ganz eigene, ganz klangvolle Wege geht und dabei Wunderschönes schafft.

In Babelsberg leben Sebastian Dreyer und Matyas Wolter, zwei Solisten auf der Sitar, der indischen Langhalslaute, die vor allem durch den kürzlich verstorbenen Ravi Shankar auch in Europa bekannt wurde. Im Dezember hat das Pulsar Trio um Beate Wein, Aaron Christ und Matyas Wolter in der „fabrik“ sein Debütalbum „Erpelparka Suite“ vorgestellt. Mit Klavier, Schlagzeug und Sitar haben die drei Musiker faszinierende Klangkonstellation geschaffen, in denen die scheinbar so gegensätzlichen Soloinstrumente Klavier und Sitar eine ganz selbstverständliche und herrlich treibende Verbindung eingehen. Und nun ist im Rahmen des Festivals „Made in Potsdam“ am Samstag um 20 Uhr das Trio Ek Safar ebenfalls auf der Bühne der „fabrik“ zu erleben. Am Klavier spielt Nicolas Schulze, auf der Klarinette Heiner Stilz und auf den Tablas, den traditionellen indischen Handtrommeln, Soumitra Paul. Ihren Anfang nahm die Zusammenarbeit der Musiker, die im vergangenen Herbst ihr Debütalbum „One Journey“ herausgebracht haben, in Potsdam. Genauer gesagt: auf einem Kindergartenfest vor zweieinhalb Jahren.

Auf besagtem Kindergartenfest seiner jüngeren Tochter erfuhr Nicolas Schulze, der in Babelsberg lebt, das auch ein indischer Musiker unter den Gästen war. „Wir kamen ins Gespräch und verabredeten uns“, sagt Nicolas Schulze. Einfach mal zusammen spielen, an mehr war da am Anfang gar nicht gedacht.

Nicolas Schulze, der in Stuttgart Jazz studierte und seit fünf Jahren in Potsdam lebt, hatte vorher noch nie mit einem indischen Musiker zusammengespielt. Es war die Neugier, die ihn trieb. Und der Reiz des Unbekannten. Spannend und erschreckend zugleich sei die erste musikalische Begegnung mit Soumitra Paul gewesen, so Schulze. „Es ist eine ganz andere Sprache, die Soumitra auf der Tabla spricht.“ Faszinierend in ihrem markanten Klang, erschreckend in der Virtuosität, mit der Soumitra Paul sie beherrscht. „Mit Metren und Rhythmen geht er so leicht und selbstverständlich um wie ein Jongleur. Ständig scheint er sie neu zu mischen.“

Für Sebastian Schulze war diese erste musikalische Begegnung mit Soumitra Paul der Anfang einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Raga, der das Herz der klassischen indischen Musik bildet. Der Raga bezeichnet die melodische Grundstruktur der indischen Musik und gibt vor, welche Töne zu einem Musikstück passen. Für jede Tages- und Jahreszeit gibt es Ragas, die den jeweiligen Gemütszustand widerspiegeln wollen. In den klassischen Musiktraditionen Nord- und Südindiens gibt es Hunderte dieser Ragas, die über die Jahrhunderte nur mündlich vom Meister an den Schüler vermittelt wurden. In dieser Tradition scheint sich auch Schulze zu sehen, der sein Wissen immer nur im Gespräch und Zusammenspiel mit Soumitra Paul erweitert. Doch auch wenn die Musik von Ek Safar Elemente der Ragas aufnimmt, ist sie doch viel mehr als nur das.

„One Journey“ (Double Moon Records) ist der Titel des Debütalbums, was im Grunde die Übersetzung des Namens Ek Safar ist: eine Reise. Und das ist auch die treffendste Beschreibung für die zehn Stücke auf dem Album. Schon nach dem ersten Zusammenspiel hatten Schulze und Soumitra Paul erkannt, dass da etwas Besonderes entsteht. Sie luden den Klarinettisten Heiner Silz ein, den Schulze vom gemeinsamen Studium in Stuttgart kannte. Das Trio Ek Safar war geboren.

Etwas Bindendes scheint es für die Musiker nicht zu geben. Keine Kategorisierung, die eine Richtung vorgeben würde. Ek Safar ist pure Offenheit. Eine Idee, ein Thema wird aufgegriffen und von Klavier, Klarinette und Tabla weitergetragen. Diese Musik ist wie die Reise in ein fremdes Land, das einen nicht mit Wucht, sondern mit Sanftheit überwältigt. Eine feine, zruückhaltende Schönheit, die sich erst beim genauen Hinschauen und im Falle von Ek Safar durch genaues Hinhören entfaltet. Fast immer hat sie einen meditativen Charakter, vermischt mit Elementen des Ragas, aus dem Jazz und Klezmer und der Minimal Music. Aber immer ist diese Musik voller Sehnsucht. Einer Sehnsucht, in der eine leichte Traurigkeit mitschwingt, und diese musikalische Kraft, von der man fast schon sagen möchte: „Made in Potsdam“. Dirk Becker

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })