Kultur: Auf sanfte Art
Intimes Konzert: Christina Lux im Nikolaisaal
Stand:
Dass nur an die vierzig Zuhörer zu ihrem Konzert am Freitag im Nikolaisaal gekommen waren, kommentierte die blonde Sängerin Christina Lux gelassen: „Ich sehe, es wird konzertant“. Die in der Reihe „The voice in concert“ auftretende Chansonneuse war die ganze Zeit freundlich, obwohl niemand der Anwesenden ihrer Aufforderung entgegenkam, „wenn es euch packt“, in die Hände zu klatschen. Dazu sind die Potsdamer meist doch zu preußisch, vor allem, wenn sie so auf dem Präsentierteller sitzen wie im Foyer des dunklen, Ehrfurcht einflößenden Nikolaisaals.
Es war dennoch ein angenehmer Musikabend, die 41-jährige Sängerin hatte ihre Gruppe gut im Griff, die ihr an den Keybords, Drums und am Bass zurückhaltend Begleitung bot und nur im vorletzten Lied zeigen durfte, was sie kann.
Umso mitreißender dann die Session, bei der zuerst Marius Goldhammer am Bass virtuos die Saiten anschlug, dann kam Heiko Braun an den Drums und durfte endlich alle Becken und Schalen traktieren, denn während der Lieder rutschte meist nur der Pinsel über die Becken, und es wurde rhythmisch geklopft. Einzig Rainer Scheithauer an den beeindruckenden Keyboards war schon ein paar Mal allein und melodiös zu hören gewesen. Bis dahin waren die Zuhörer von der rauchigen Stimme von Christina Lux sanft verwöhnt worden, obwohl ihre Texte nicht immer so soft sind, wie ihre Vokalität vermuten lässt.
Zwischen Soul, Jazz, Chanson und Pop auf einer genau bemessenen Musikskala hin und her changierend, hörte man ihre Texte, die sehr viel vom Innenleben der in Karlsruhe geborenen Sängerin preisgaben. Ob es dabei um ihr Bekenntnis zur Liebe „My religion ist love“ und der gleichzeitigen Ablehnung aller religiösen Ideologie ging, ein Lied, das die aktuelle Diskussion aufgreift, oder ob es sich in „Abuse“ um Missbrauch handelte – die Stimme war immer zart und sanft, als ob es darum gehe, auf einer grünen Wiese auszuruhen. „She was a little girl /her skin was smart and smoothe"“(sie war ein kleines Mädchen / Ihre Haut war sanft und weich) sang sie bei dem Missbrauchslied, und selbst, als die Idylle zu wanken begann und sie in das Deutsche überging, mit „er nimmt sich was er will“, die üble Situation klar benennt, bleiben Musik und Stimme weitgehend freundlich, angenehm. Ihre Eigenart, manchmal innerhalb des Liedes vom Englischen ins Deutsche zu wechseln, funktioniert, so natürlich wirken die Übergänge. Meist trifft sie unser aller Gemüt, wenn sie mit „It ain''t mine“ die Schwierigkeiten von familiären Weihnachtsfeiern thematisiert, oder wenn sie um eine Liebe trauert wie in „Liar“. „Coming home at last“ heißt das jüngste Album von Christina Lux, die ihren Namen als Werbemittel nutzt: „Wo diese Frau singt, wird es Licht“, lautet ein Slogan, und in der Tat, manchmal schien das Licht rot, dann wieder blau, dann wieder weiß auf die Sängerin. Vielleicht, sagte sie Kulturradio-Moderatorin Susanne Papawassiliu, sei sie noch nicht wirklich nach Hause gekommen, aber diese neue Musik sei ein „Meilenstein“ in ihrer Karriere. Es sei schön, wenn alles in Bewegung bleibe. Ihre Botschaft des Überall-Gutes-Tun und Zu-sich-selbst-Stehen wiederholte die Sängerin im Interview, das die zweite Hälfte des Konzerts einleitete. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, drückte sie mit Saint Exupéry ihre Philosophie aus, und erhielt dafür genauso viel Applaus wie für ihr Bekenntnis, dass sie manchmal rauche. Ihre ausdrucksstarke Stimme vermag es, die disparaten Individuen eines Saales zu einer Einheit zu verschmelzen. Das geschieht sehr schnell, danach passiert nicht mehr allzu viel. Wer sich aber diesem Einheitsgefühl anheim geben wollte, fühlte sich bei Christina Lux und im Mutterbauch-ähnlichen Nikolaisaal durchaus geborgen. Lore Bardens
Lore Bardens
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: