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Kultur: Auferstehung feiern

Das Osterkonzert in der Friedenskirche

Stand:

Ein buntes Gewimmel auf der Flaniermeile. Lustwandler bevölkern den Park von Sanssouci, Fahrradkonvois steuern das Grüne Gitter an. Ein Osterspaziergang der Potsdamer Art. „Sieh nur, sieh! Wie behend sich die Menge durch die Gärten und Felder zerschlägt“, beobachtet Goethes Faust solch österliches Treiben. Nur in einem irrt er: nicht „aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht sind sie alle ans Licht gebracht!“, sondern umgekehrt bewegt sich die Menge an diesem Ostersonntag. Aus des Tages Helle eilen sie in der Kirche ehrwürdigen Raum, genauer in den der Friedenskirche, wo sie die Auferstehung des Herrn feiern, denn sie sind – nach Faustens Erkenntnis – „selber auferstanden“.

Was passt zu diesem Anlass besser als Johann Sebastian Bachs „Festo Pascali“ BWV 249, einer Kantate zum Osterfest, auch als „Oster-Oratorium bekannt, und die Kantate „Erfreut euch, ihr Herzen“ BWV 66?! Das in Sachen des Leipziger Thomaskantors sehr rührige und engagierte Ensemble „Exxential Bach“ löst unter der straffen Leitung von Nikolaikantor Björn O. Wiede die Erwartungen der Hörgemeinde restlos ein.

Zuerst das „Oster-Oratorium“, dessen Musik auf die aus dem Jahre 1725 stammende Geburtstagskantate für Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels „Entfliehet, verschwindet, entweichet ihr Sorgen“ zurückgeht. Was sie unter dem neuen Text eines unbekannten Autor auf vergnüglich-fröhliche Weise auch tun: „Kommt, eilet und laufet, ihr flüchtigen Füße“. Bis hin zur Personenverteilung eine perfekte Parodie! Doch zuvor gibt es die passende Auferstehungs-Sinfonia, deren Trompetenstrahlen (auf ventillosen Naturtrompeten, wobei die brillanten Spieler auf dem Programmzettel leider nicht namentlich genannt werden) und Paukenwirbel von viel „grünem Hoffnungsglück“ à la Goethe erzählen. Eine einprägsame, scharf akzentuierte Stimmungsmalerei genauso wie das Adagio, das sich als ein musikalisch von Schmerz und Gram geprägter „Weg zum Grab“ vorzeigt. Viel Seufzermelodik gibt es dabei durch Oboe (Geoff Coates) und Violine (Wolfgang Hasleder) zu hören.

Unter symbolischen Scherzen und Lachen stimmen die vier Stimmfachprotagonisten Heidi Maria Taubert (Maria Jacobi), David Erler (Maria Magdalena), Tobias Schäfer (Petrus) und Sebastian Bluth (Johannes) die unbändige Freude über die Auferweckung Jesu an. Ihre instrumental geführten Stimmen sind des Anlasses würdige Sachwalter: größtenteils objektivierend im Gestus, meiden sie jedoch nicht inneres Beteiligtsein. Von „wehmutsvollem Sehnen“ in larmoyanter Umhüllung halten sie in den Arien gar nichts. Klar, kraftvoll und durchdringend tönt der Taubert-Sopran („Seele, deine Spezereien“), schlummerwiegendweich der Schäfer-Tenor, dessen Arie „Sanfte soll mein Todeskummer“ auch durch Blockflöte (Jana Semerádová) und Streicher einen gedeckt-innigen Klang erhält. Auf eilende, rhythmusfedernde Jesus-Suche begibt sich Altus-Erler, während Johannes hier in BWV 249 keine Arie singen darf. Dafür kann Sebastian Bluth seine Kunst des Rezitativvortrags solo und quattro mit Unterstützung des Cembalos (Björn O. Wieder) eindruckvoll unter Beweis stellen.

Als Chor fungieren nach Wiedescher Manie die vier Solisten. Auch in der Kantate 66 zum Ostermontag „Erfreut euch“, die gleichsam eine Fortsetzung der Freude mit ähnlichen Mitteln darstellt. Auffällig, dass die Dacapo-Arien hier wie dort mit keinerlei Verzierungsvarianten aufwarten, einem Grundprinzip barocken Gesangs. Auch bei der Erfreuung sucht man instrumental wie vokal inneres Beteiligtsein zu gestalten. Es gelingt mit Gradlinigkeit, Direktheit, klarem Klang. Sehr bewegend gerät der ausdrucksstarke Dialog „Bei Jesu Leben freudig sein“ zwischen den allegorischen Figuren der Furcht (Altus) und Hoffnung (Tenor) sowie dem abschließenden Duett nebst schlichtem „Alleluja“-Choral. Enthusiastischer Beifall, der ein Dacapo erzwingt. Peter Buske

Peter Buske

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