Kultur: Aufruhr im Aquarium
Rappende Fische im Unterwassertheater
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Rappende Fische im Unterwassertheater In irgendeiner Form taucht er in jedem Kinderzimmer auf, baumelt als Mobile von der Decke, dreht als Hörspiel im CD-Player seine Runden oder schwimmt als Zeichentrickfigur durch den Fernsehapparat: der Regenbogenfisch aus dem Bilderbuch-Klassiker von Marcus Pfister. Allein im Lübecker Unterwasser-Theater darf das schillernde Schuppentier in sein ursprüngliches Element. Die Puppenspieler Simone Frömming und Wolf Malten erzählten gestern bei den KinderKulturTagen im T-Werk die Geschichte von dem schönen, aber eitlen Fisch, der sich mit seiner selbstgefälligen Art keine Freunde macht. Als Bühnenraum für die wasserfesten Marionetten diente ein Aquarium. Blaues Licht und sphärische Streicherklänge führten hinab in Meerestiefen, in denen Stille herrscht oder ein fernes Rauschen. Nicht aber im Unterwassertheater. Hier zuckten die Gummifische zu poppigen Rhythmen und reimten sich ihren eigenen Rap zusammen. Entsprechend rappelig wurde es im Publikum. Beinahe wäre untergegangen, was die Mitbewohner dem eingebildeten Regenbogenfisch eigentlich sagen wollten. Erst als der einen winzigen, ängstlich stotternden Verehrer wirsch vor den Kopf stieß, wurde deutlich: keiner will mehr etwas mit dem Regenbogenfisch zu tun haben. Selbst der Puppenspieler wandte sich von ihm ab, und die Marionettenkiste machte dicht, noch bevor sich der Regenbogenfisch in ihr verkriechen konnte. Die erwartete erzieherische Maßnahme kam in der kauzigen Gestalt eines Kraken im Bademantel, der dem arroganten Tier mit Kratzbürste und Badesalz ordentlich den Kopf wusch. Gereinigt und geläutert zupfte sich der Regenbogenfisch seine schönsten schillerndsten Schuppen aus dem Kleid. Er verschenkte sie, gab ab von sich und lernte so, dass Glanz allein nicht glücklich macht. Die Botschaft war so deutlich, dass sie das Publikum nicht verfehlen konnte. Und doch blieb einiges unvermittelt. Die feineren Zwischentöne des Hoffens, Zweifelns und Verstehens, die Kinder von vier, fünf Jahren durchaus wahrnehmen können, gingen in der zwar effektvoll, aber selten dramaturgisch klug eingesetzten Musik einfach unter. Auch hätten die begrenzten gestischen Möglichkeiten von Gummifischen durch eine genauere Sprache kompensiert werden müssen. Dennoch hatten die Kinder ihren Spaß an dem feucht-fröhlichen Spiel. Und damit sie die Moral von der Geschichte nicht allzu schnell aus dem Blick verlieren, spendierte der Regenbogenfisch am Ende jedem Kind eine seiner kostbaren Schuppen. Antje Horn-Conrad
Antje Horn-Conrad
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