Kultur: Auftakt: Ermüdend Paul-Gerhardt-Porträt in der Friedenskirche
„Mein Herze geht in Sprüngen/ Und kann nicht traurig sein./ Ist voller Freud und Singen/ Sieht lauter Sonnenschein“, dichtet Paul Gerhardt in einem seiner schönsten Lieder.
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„Mein Herze geht in Sprüngen/ Und kann nicht traurig sein./ Ist voller Freud und Singen/ Sieht lauter Sonnenschein“, dichtet Paul Gerhardt in einem seiner schönsten Lieder. Die Zeilen dieser von Herzen kommenden Kirchenlyrik stehen für ein Paul-Gerhardt-Programm ein, mit dem die Reihe der „Sommermusiken der Friedenskirche“ sich ihre diesjährige Saison eröffnet. Aus Leben und Werk des protestantischen Pfarrers haben Antje und Martin Schneider zusammengetragen und ausgewählt, was die Jahrhunderte überdauert hat. Es sind vor allem seine von volkstümlicher Schlichtheit und religiöser Innigkeit erfüllten Verse sowie deren Vertonungen, von denen 38 noch heute im Kirchengesangbuch stehen.
Als solche fühlen sich am Sonnabendnachmittag auch jene zirka zwanzig Zuhörer, die der Paul-Gerhardt-Hommage beiwohnen, als sie zum gemeinsamen Gesang einiger Lieder aufgefordert sind. Ein an sich löbliches Unterfangen, aber für ein Sommermusik-Konzert doch gewöhnungsbedürftig. Mangels Masse fällt der Gesang trotz Orgelunterstützung (Christina Hanke-Bleidorn) dünn aus. Gleichsam wie erlöst lauschen die Zuhörer wieder dem niedergeschriebenen Text, den die Autoren wechselweise vorlesen, was jedoch wie eingelernt wirkt. Langweilig und ermüdend dringt litaneigleich ans Ohr, was eigentlich nach vortragender Begeisterung verlangt. Dabei erfährt man, dass Pauls Vater Christian einer von drei Bürgermeistern in Gräfenhainichen war, wo anno 1607 Paul Gerhardt das Licht der Welt erblickt. Wir werden informiert über des Knaben Eintritt in die Fürstenschule Grimma, erfahren manches über die Nöte während des 30jährigen Krieges, erhalten Bescheid über Pauls Theologiestudium an der von Luthers und Melanchthons Geist durchwehten Universität zu Wittenberg. Er muss ein Glaubensbekenntnis zur lutherischen Kirche abgeben, was er freudig, da aus innerer Seele tut. Zum Entdecker des dichtenden Studiosus theologiae wird schließlich Kantor Johann Crüger, der dessen Texte vertont oder ihnen andere, bereits vorhandene Melodien zuordnet. Weitere Lebensstationen (Mittenwalde, St. Nikolai in Berlin, Lübben) ziehen vorüber.
Dazwischen erklingt eine Fülle von schlichten Choralvorspielen aus den Federn von Johann Pachelbel, Johann Gottfried Walther und anderen, die Christina Hanke-Bleidorn an der Woehl-Orgel in jenem ungekünstelten Tonfall spielt, der ihnen angemessen ist. Auf dem Programmzettel sind für ein Stück häufig zwei oder drei Komponistennamen verzeichnet. Doch von wem ist, was gerade erklingt? Man schweigt sich darüber konsequent aus. Ihr solides Können kann die Organistin in Präludium und Fuge D-Dur von Dietrich Buxtehude und im 3. Satz aus der d-Moll-Sonate op. 65 Nr. 6 von Felix Mendelssohn Bartholdy vorführen. Ersteres Stück spielt sie mit fingerflinken Händen und Füßen frisch und pointiert, letzteres brillant aufrauschend im vollen Orgelwerk. Ohne die Hände zu rühren geht man auseinander. Der eingangs zitierte Sonnenschein muss wohl gerade hinter einer Wolke verschwunden gewesen sein.Peter Buske
Peter Buske
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