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Kultur: Auftakt zur Comedy-Scheune im Krongut

Im Glanz des Spotlights, das auf die Comedy-Bühne auf dem Malzboden fällt, schimmert und glänzen Fleischberge deftig von Gutsherrentellern. Eine Schlachteplatte wartet bereits auf den runden Gesellschaftstischen auf jeden der rund 200 Gäste, die schon vor Beginn der neuen Reihe „Comedy-Scheune“ im Bornstedter Krongut kräftig zulangten.

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Im Glanz des Spotlights, das auf die Comedy-Bühne auf dem Malzboden fällt, schimmert und glänzen Fleischberge deftig von Gutsherrentellern. Eine Schlachteplatte wartet bereits auf den runden Gesellschaftstischen auf jeden der rund 200 Gäste, die schon vor Beginn der neuen Reihe „Comedy-Scheune“ im Bornstedter Krongut kräftig zulangten. Ordentlich Sülzwurst, Landjäger, grobe Blutwurst und eine riesige Kugel Griebenschmalz wiesen die Richtung des Dienstagabends. Herzhaftes auf dem Teller, rustikales Büffelbier im Glas, dazu ähnlich Gesottenes auf der Bühne. Ekelfleisch? Nie gehört. Das Konzept, dass sich der Moderator Thomas Nicolai, Kennern der Ulk-Szene bekannt als der „blonde Emil“, mit Veranstalter Francesco Mazuhn ausgedacht hatte, scheint aufgegangen zu sein.

Der vergewissernde Griff in den Schritt, wiederkehrendes Signum des Programms bei allen vier „Comedians“ auf der Bühne, als selbstbewusste Geste für ein in Potsdam bislang unbekanntes Format. „Comedy“, wurde dem Besucher während der Auftritte von Nicolai, der lonely husBand, Thomas Müller und Murat Topal bewusst, kommt vom Bürgerlichen und von rechts. Im Unterschied zum guten alten Kabarett, das von links zu schauen pflegt und sich deshalb – wenn es gut ist – oft im Politischen wieder findet. Hier im Krongut jedoch ist die gute alte, daheim genossene Wurststulle wirklich Programm. Thomas Müller, der vor einem Jahr bei der Casting Show „Star Search“ mit dem zweiten Platz Anerkennung im boomenden Gewerbe der „Stand-Upper“ fand, ist ein gutes Beispiel für die momentan überall spürbare bürgerliche Restauration. Seine Figur ist der Ehemann, „außen 30, innen 12 Jahre alt“. Dieser beobachtet seine Gattin, wie sie begehrlich wie das Gollum aus dem Herrn der Ringe beim Shoppen mit den Fingern über die Auslagen fährt und: „Mein Schatz!“ krächzt. Den Singsang der heimischen Milchaufschäumers kann Müller lautmalerisch genauso gut beschreiben wie die „Espressomaschine des Deutschen“, den Wasseraufsprudler. Das Häusliche dient als Referenzraum des Ulks, der so in wohlig-warmen Humorfilz verpackt bleibt.

Murat Topal wird vom Moderator als für seine beginnende Karriere vom Dienst freigestellter, deutsch-türkischer Polizist vorgestellt. Binationales Kauderwelsch ist seine Stärke, da geht der ganze Malzboden mit. Wenn die Geschichten aus dem Ordnungshüteralltag jedoch von Homosexuellen erzählen, denen Topal eine besonders „warme“ Stimme mitgibt, dann weiß man nicht so genau, ob hier nicht ein plattes, extrem schwulenfeindliches Bild gezeichnet wird, vor dem sich doch gerade die Polizei hüten sollte. Anlass zur Wiederkehr in die „Comedy-Scheune“ am 9. Januar ist der Moderator selbst. Nikolais Transfer der Dirty-Dancing-Schnulze „Time of my Life“ ins Sächsische und sein Grönemeyer erregten das von ihm notorisch immer wieder eingeforderte Lachen im Raum. Matthias Hassenpflug

Matthias Hassenpflug

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