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Kultur: Auge in Auge

„Sehsüchte“ I: Cineastisches Quintett war Quartett

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„Sehsüchte“ I: Cineastisches Quintett war Quartett „Also außer Jörg Buttgereit hat keiner den Film richtig verstanden“, richtete sich der HFF-Student Ulu Braun forsch an die Kritiker, die im Scheinwerferlicht vor der Leinwand saßen. Kurzes Schweigen an den Mikrofonen, das Publikum im Saal 2 räusperte sich. Jetzt war Emotion im Spiel. Die Worte richtig und falsch für diesen Film zu benutzen, finde er ziemlich gewagt, gab der Berliner Kritiker Buttgereit von vorn zurück, womit ein Schlagabtausch begann. Diese Wendung in der Diskussion tat dem Cineastischen Quintett, das heute nur ein Quartett war, gut. Denn die Diskussion, die das Publikum in dem großen Kinosaal sah, hatte schleppend begonnen. Die vier Cineasten, Lothar Mikos (HFF), Jan Schulz-Ojala (Tagesspiegel), Gerburg Treusch-Dieter (FU/UDK) und Jörg Buttgereit waren zu Beginn sehr sachlich und zurückhaltend geblieben. Lorenz Engell aus Weimar hatte abgesagt und die vier Kritiker waren bemüht das Positive an den Filmen herauszustreichen. Das änderte sich jedoch als Ulu Brauns Puppenfilm „Die Flutung von Viktoria“ besprochen wurde und der Regisseur in die Offensive ging. Unter den fünf zuvor gezeigten Filmbeiträgen war sein Experimentalfilm mit Abstand der Kontroverseste. Mit viel Fantasie und enormem Aufwand reiht der 25-minütige Film Szenen ohne erkennbaren roten Faden aneinander. Die Puppen, die wie im Theater ohne Tricktechnik, allein durch Fäden bewegt werden, sehen brüchig, kaputt und düster aus. So sah es auch der Tagesspiegel-Redakteur Jan Schulz-Ojala, der außerdem vor allem die blechernen Dialoge bemängelte. Doch die Wahrnehmung der Kritiker unterschied sich stark von der des Regisseurs. Für Braun waren die Figuren durchaus „schön“, wer das nicht sehe, könne nicht genügend abstrahieren, attackierte er die Kritiker. Da konnte auch der Schlichtungsversuch Jan Schulz-Ojalas nicht ändern, dass der Dialog ohne Resultat blieb. Der Nachwuchsfilmer Ulu Braun ignorierte die wohlwollende Kritik des Cineastischen Quintett schlichtweg. Das Selbstbewusstsein und die Fantasie des jungen Regisseurs waren beeindruckend. Das Resümee der Kritiker über die gesehenen Filme insgesamt war eher verhalten. Noch zu wenig mitreißend oder schlecht erzählt seien die Geschichten gewesen. Nur Lothar Mikos bremste die Runde und bemerkte, dass die Filme Versuche waren: „Sie sind für ein internationales Studentenfilmfestival absolut angemessen“. Michael Krause

Michael Krause

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