
© Manfred Thomas
Von Undine Zimmer: Augen zu und durch
Marvin Slotta und Moritz Baur haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und ein Label gegründet
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„Man muss schon ein bisschen Nerd sein.“ Mit je einem Bier lümmeln sich Marvin Slotta und Moritz Baur rauchend in einem Potsdamer Cafe. Beide tragen große schwarze Brillen. Marvin Slotta ein Modell aus dickerem Kunststoff, Moritz Baur eine dünnere Version aus schwarzem Metall. Beide sind 22 Jahre alt und seit kurzem selbständig. Erst kürzlich haben sie den vierjährigen Geburtstag ihres Labels Concord Club Recordings im Waschhaus gefeiert. „Es ist jedes Mal wieder unglaublich an den Turntables zu stehen, mit der Crew anzustoßen und zu sehen, wie sehr das doch alles abgeht“, fasst Marvin Slotta die Jubiläumsnacht zusammen. „Es ist ein unglaublich tolles Gefühl machen zu können worauf man Lust hat und damit auch noch Erfolg zu haben.“ Dafür hatten die beiden sich nur auf ihre Musik konzentriert und vieles andere vernachlässigt. Wie Nerds nun mal so sind.
Angefangen hat Marvin Slotta vor vier Jahren mit einer Veranstaltungsreihe für elektronische Musik im ehemaligen Jugendclub Spartacus in der Breiten Straße. Als 19-jähriger Organisator füllte er zum ersten Mal den Lindenpark, 2009 veranstaltete er eine weitere Reihe im Waschhaus. „Augen zu und durch“ war Marvin Slottas Motto damals. Und es hat immer funktioniert. Vor zwei Jahren hat er aus seinem Hobby ein Label gemacht. Mittlerweile sind aus den feiernden Jugendlichen, denen keiner so richtig was zutrauen wollte, zwei Geschäftsmänner geworden. Sie sind voller Tatendrang, haben noch viele Ideen und wollen nicht über ihre Ausbildung oder Schulzeit reden, die noch nicht soweit zurückliegt, sondern darüber, wie es mit Concord Club Recordings, ihrem Label für elektronische Musik zwischen House und Techno weiter gehen soll.
Seit Januar 2009 sind auf dem Label Concord Club Recordings fünf Schallplatten erschienen. Die Platten mit der Nummer Zwei und der Fünf sind bereits ausverkauft. Vor allem an DJs vertreiben sie ihre Vinyle. Nachgepresst werden die „Bestseller“ aber nicht. „Wenn ein Album weg ist, machen wir eben ein Neues, das ist die Strategie“, sagt Slotta und lehnt sich zurück. Noch wirft jeder etwas für die Produktion in den Topf. Jeder, das sind neben Moritz und Marvin auch die zehn DJs die mittlerweile zu Concord Club gehören. Die meisten haben mit ihnen zusammen vor vier Jahren angefangen. Über Geld wollen die beiden aber gar nicht reden. Die Zahlen sind jetzt unwichtig. Sie spüren, dass das Label wächst. Und sie werden endlich ernst genommen. „Das letzte Jahr hat uns noch mal richtig zusammengeschweißt“, sagt Marvin Slotta. „Mittlerweile glauben alle dran, dass aus dem Label richtig etwas werden kann. Wir haben das Ziel vor Augen und es ist kein Träumerprojekt mehr.“
Marvin ist Herz und Gründer von Concord Club Recordings. Er hält alles zusammen und kümmert sich um Produktion und Vertrieb. Nach dem Abitur hat der Potsdamer eine Ausbildung als Kaufmann in Medienwirtschaft gemacht. Jetzt, nach dem Abschluss, steckt er alle Energie in das Label. Nebenbei jobbt er zwei Tage die Woche im Büro seiner Eltern, um das Notwendigste zu finanzieren. „Wir haben damals ziemlich blauäugig angefangen“, erinnert er sich. Als er in Berliner Clubs angefragt hat, ob er mal was machen dürfe, war die Skepsis groß. „Wir waren gerade 20 und keiner hat uns zugetraut, dass wir das durchziehen“, erzählen Marvin Slotta und Moritz Baur abwechselnd. Jeder zündet sich noch eine Kippe an während er andere spricht. Von befreundeten Djs erfuhr Marvin Slotta, dass sich die meisten über ein Label organisieren. Das wollte er auch aufziehen. „Wir haben richtig Glück gehabt.“ Als ihm dann ein Vertrieb überraschend tatsächlich eine Zusage gab, wurde aus der Idee Ernst. „Wir hatten den Druck im Nacken und wollten etwas reißen. Und seit dem ging es ganz schnell.“
Marvin Slotta sieht die Alben als Konzeptkunst. Jede der Platten ist letztendlich in seinem Kopf zusammengewachsen. Er hört die Tracks, die ihm die Djs geschickt haben, „den ganzen Tag“. So lange, bis sich für ihn ein Motiv oder ein Thema spüren lässt. Das diskutiert er dann mit den anderen. Dann wird gebastelt bis ein rundes Album entsteht. „Wir machen keinen Rammeltechno“, sagt Moritz Baur. Sie suchen nach den richtigen Worten um ihren eigenen Stil zu beschreiben. Von „trashig“ wird gesprochen, von „frei“. „Hauptsache laut und dreckig“, fasst Baur es schließlich mit einem Grinsen zusammen.
Neben der nächsten Vinylveröffentlichung im April, sind für dieses Jahr bereits acht Veranstaltungen in Berlin Friedrichshain fest eingeplant. Außerdem haben sie erst diese Woche endlich eigene Räume in der Charlottenstraße in Potsdam gefunden. „Das ist ein unglaublich wichtiger Schritt für uns, so bauen wir uns ein eigenes Kreativzentrum mit Atelier, Tonstudio, Arbeitszimmer, Gemeinschaftszimmer und Shirtwerkstatt“, sagt Marvin Slotta. Dort will Concord Club Recordings auch andere junge Künstler bei Existenzgründung und Förderung beraten. „Damit die nächsten es einfacher haben als wir.“
www.concorde-club.com
, ine Zimmer
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