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Kultur: Aus der Spur geraten

Zehn Künstler zeigen ihr ganz persönliches „Frühlingsdelirium“ in der ae-Galerie

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Plastik in einer Ausstellung ist nichts Neues. Plastiktüten dagegen erwartet der Besucher eher selten. Und Plastiktüten, die in einer Ausstellung zum Thema Frühling eine aufgehende Frühlingsblüte darstellen, wohl am wenigsten.

„Frühlingsdelirium“ ist der Titel der aktuellen Ausstellung in der Galerie von Angelika Euchner. Sie wollte nicht die konventionelle Ausstellung unter dem Titel „Frühlingsblüte“, sondern etwas Schrägeres, sagt die Galeristin. Aus der Spur geraten eben, wie die Wortherkunft Delirium erklärt. Die Vielfalt der Werke von zehn Künstlern lässt diese Ausstellung nun wie eine bunte Frühlingswiese erscheinen. Und eine Blüte auf dieser Wiese stammt von Patricia Kranz, die bei ihren Ausstellungsstücken ausschließlich mit zurechtgeschnittenen Plastiktüten arbeitet. Um ein Drahtgestell windet sie die zurechtgestutzten, bunten Plastiktüten. Eine überdimensional große aufgehende Blüte entsteht. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass es sich hier um Plastik handelt.

Neben der Plastik aus Plastik findet sich ein Bild, das ausschließlich mittels Computergrafik angefertigt wurde. Rote Stangen und rosafarbene Kugeln schwirren herum, allesamt Fantasieformen vor einem dunklen Abgrund. Björn Dämpfling zieht den Betrachter mit seinem farbenfrohen Bild regelrecht in den Bann des Frühlingsdeliriums. Formen, die eindeutig zweideutig interpretiert werden können: Stangen mit Kugelaufsatz, rötlich. Rundliche Platten mit dunklem Punkt in der Mitte. Der Künstler selbst schien sich im Frühlingsdelirium zu befinden, als er dieses Bild anfertigte. Viele der Bilder versprühen einen Hauch von Erotik. Und die Erotik verbindet Angelika Euchner unweigerlich mit dem Frühling. Für sie ist der Frühling die Zeit, wo sich auch zwischenmenschlich viel regt, viel aufkeimt, viele Liebesbeziehungen entstehen. Die Hormone, die Fruchtbarkeit und der Frühling, das gehört bei ihr zusammen.

Dass ein Frühlingsdelirium nicht bunt sein muss, zeigt Arno Boyak mit seinen Bildern. Auf dem ersten Blick sind es mit schwarzer Farbe auf weißem Hintergrund filigran gezeichnete Menschen. Auf dem zweiten Blick erkennt man, dass sich ein kleiner Ausschnitt der Zeichnung durch einen anderen Schwarzton abhebt. Ein Scherenschnitt. In den drei Bildern sind so kleine Scherenschnitte in verschiedenen Motiven eingearbeitet. Diese klebt Arno Bojak auf den weißen Hintergrund und arbeitet das Bild dann weiter aus. Er vollendet das, was der Scherenschnitt begonnen hat. Die Menschen auf seinen Bildern sind tatsächlich in einem Delirium, sind verzerrt, haben zwei Gesichter, verkrümmte Körper. Und doch bringt der Scherenschnitt den Frühling mit sich, einen Vogel auf einem Zweig, einen Löwenzahn, eine wachsende Pflanze. Aus diesem Keim lässt Arno Bojak einen großen Irrgarten entstehen, der fast wie ein Suchbild wirkt.

Im September kam Angelika Euchner die Idee für die Ausstellung. Dann machte sie sich auf die Suche nach den passenden Werken. Zehn Künstler hat sie gefunden, durch deren Arbeiten eine wunderbar abwechslungsreiche und empfehlenswerte Ausstellung enstanden ist, bei der man beinahe gar nicht weiß, wo man zuerst hinsehen soll, bei so vielen Interpretationen vom „Frühlingsdelirium“.

Am morgigen Freitag um 19 Uhr liest Frederike Frei ihre Blumengedichte „Echt Himmel das Blau heute“, Eintritt 4 Euro. Die Ausstellung ist bis 28. April, mittwochs und freitags, 15-19 Uhr und samstags, 12-16 Uhr, Hermann-Elflein-Straße 18, zu sehen

Anna-Maria Kunath

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