
© Holde Schneider/Diana Verlag
ZUR PERSON: „Aus einer Kartoffel machst du keine Ananas“
Katja Kessler will ihren Ehemann zu einem besseren Menschen machen. Ein Gespräch darüber, wie das funktionieren soll
Stand:
Frau Kessler, kommt es nicht weiblicher Hybris gleich, einen Mann dressieren zu wollen?
Ich sage Ihnen mal was: Ich halte das auch für weibliche Hybris – damit sind wir dann schon zwei. Erzählen Sie das aber nur nicht meinem Mann. Er unterwirft sich nämlich brav meinem Dressurprogramm und macht auch Fortschritte – im Nanobereich.
Ach, den armen Kerl kann doch nichts mehr erschüttern, Sie nennen ihn in Ihrem Buch und somit in aller Öffentlichkeit sogar „Schatzi“!
Das ist sein Künstlername. So nenne ich ihn nicht wirklich. Aber wir lachen gern miteinander – zum Beispiel darüber, dass ich ihn in meinen Büchern immer „Schatzi“ nenne.
Als Autorin spüren Sie einem der größten Rätsel der Menschheit nach: Mann und Frau, die einander nicht verstehen, trotzdem aber nicht voneinander lassen können.
Soll ich ehrlich sein? Ich glaube auch, dass Männer und Frauen nicht zueinander passen. Aber wenn man das erst einmal akzeptiert hat, funktioniert das Zusammenleben prima. Lieben und lassen.
Trotzdem haben Sie ein Buch mit dem Titel „Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren“ geschrieben und bei Millionen Frauen falsche Hoffnungen geweckt. Das ist doch höchst unverantwortlich.
Ein Ehemann ist ein Rohstoff, kein Fertigprodukt! So lautet ja auch der Buch-Untertitel. Ich gebe Tipps für die artgerechte Haltung und Pflege von Ehemännern. Aber ich sage auch immer: Aus einer Kartoffel machst du keine Ananas. Man darf sich, was die Männererziehung angeht, einfach nicht zu viel auf die To-do-Liste schreiben. Und immer wissen: Es ist ein echtes Langzeitprojekt.
Haben Sie bei Ihrer intensiven Auseinandersetzung mit diesem Langzeitprojekt auch mal die Gegenseite betrachtet? Gibt es Männer, die ihre Ehefrauen dressieren wollen?
Ich glaube, dafür sind Männer viel zu phlegmatisch. Die sitzen Probleme lieber aus. Und noch besser, wenn dabei der Fernseher läuft.
Wir werden schon wissen, warum.
Versöhnlicherweise muss ich sagen: Es ist nicht so, dass sich Männer Problemen nicht stellen wollen. Das Problem mit den Problemen ist: Sie erkennen sie gar nicht erst.
Vielleicht sind wir da einfach schon viel weiter als die Frauen.
Nein, nein, nein! Schauen Sie: Bei einem Mann muss man ein rotweißes Flatterband an das Problem knoten. Wie beim „Tatort“, wenn die die Leiche gefunden haben und den Fundort markieren.
Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen widersprechen. Wir Männer haben längst erkannt und akzeptiert, dass der Mensch an sich, ob nun Frau oder Mann, unvollkommen ist und unvollkommen bleiben wird. Frauen wollen das nicht akzeptieren, erst recht nicht bei ihren Ehemännern. Auch das haben wir erkannt. Aber wir haben beschlossen, die Frauen in ihrem Glauben zu lassen, uns ändern zu können. Ich nenne das jetzt mal ganz bescheiden männliche Weisheit gepaart mit verständnisvollem Gleichmut. Frau Kessler, Sie sind das Opfer eines selbst auferlegten Irrtums geworden.
Sie erleben mich jetzt tief niedergeschlagen! Aber wissen Sie was? Vor ein paar Tagen bekam ich eine Karte von einer Frau, die mein Buch gelesen hatte. Vorne auf der Karte stand: „I feel with men – how poor their life must be! Mir tun die Kerle leid – wie leer muss ihr Leben doch sein.“ Dem kann ich nur zustimmen. Da ist wirklich alles sehr flach gestrickt.
Bei den Männern?
Ja. Mein Mann ist mir dankbar, dass ich ihm helfe, ein besserer Mensch zu werden.
Und wie müssen wir uns diese Versuche vorstellen? Muss er den Müll rausbringen oder am Samstag einkaufen?
Ich erkläre Ihnen das jetzt mal! Wenn mein Mann gut drauf ist, bekommt er einen Nagel in die Wand. Und wenn’s richtig-richtig gut läuft, dann den sogar gerade. Vorher allerdings muss ich ihm den Hammer holen und was er sonst noch so braucht. Und natürlich muss ich ihn loben und rufen: „Prima!“ Erstaunlicherweise ist der durchschnittliche Mann bei durchschnittlicher Hausarbeit schon nach neun Minuten erschöpft. Während er sich Arnold Schwarzenegger bei der Ninja-Turtle-Jagd auf dem Saturn reinziehen kann, ohne nach eineinhalb Stunden Schwachsinn Ermüdungserscheinungen zu zeigen.
Das ist aber ein arg archaisches Männerbild, das Sie da pflegen. Der Mann muss den Hammer schwingen und glanzvoll Nägel in die Wände schlagen.
Moment! Wenn jemand bei uns zu Hause Nägel in die Wand schlägt, dann ich. Aber wenn Sie wollen, dass ich meckere: Wir Frauen leben noch immer ein bisschen im Neandertal: Höhle sauber halten, Fresserchen in den Kühlschrank schieben, Kinder kriegen und erziehen, ermahnen und Hausaufgaben kontrollieren. Gleichzeitig wollen wir aber ganz modern, ganz 21. Jahrhundert sein. Top informiert. Immer auf hohen Absätzen unterwegs, frische Goldsträhnchen im Haar und Bauplänen für einen neuen Raketenantrieb in der Handtasche. Für deine gesellschaftliche Akzeptanz als Frau zählt es nicht, dass du eine Familie hast, dass der Tag stressig war und dein Teint käsig. Das ist eine echte Misere, in der wir Frauen uns bewegen.
Frau Kessler, Sie sehnen sich nach klaren Verhältnissen.
Ich will gar nicht sagen, dass es besser war, 1950 oder 1960 zu leben – auf keinen Fall! Aber damals war es für Männer und Frauen einfach klarer, wie die Dinge zu sein hatten. Heutzutage ist da gar nichts mehr klar. Wie muss er denn sein, der perfekte Mann? Will ich als Frau so eine putzende, männliche Hausmutti?
In Ihrem Buch bezeichnen Sie diese immer stärker in Erscheinung tretende Spezies treffend als „Vati-Mutti“...
„Vati-Mutti“ oder auch „SMS“ genannt, „Supernanny mit Schniedel“. Die ist wirklich was für Connaisseurs! Backt beim Schulhoffest Dinkel-Bananen-Pfannkuchen und hat wahrscheinlich auch einmal im Monat ihre Beschwerden. Also mein Männer-Fall ist das nicht.
Da sind wir wieder bei dem Hammer und den Nägeln.
Also, es ist schon in Ordnung, dass mein Mann so nicht ist. Und es ist auch in Ordnung, dass er beruflich viel unterwegs ist. Aber ich finde: ohne Pflichten keine Rechte! Paragraph I des großen Eheratgebers. Wer nie da ist, verwirkt seinen Anspruch auf Mitspracherecht bei der Regal-Deko. Und wer als Mann quengelt, dass ihm die Blumentapete zu viele Blumen hat, muss das nächste Mal eben mit ins Geschäft. Alles andere wäre inkonsequent und nicht lebbar. Hiermit fordere ich: Einrichtungs-Prokura für kleine Ehefrauen! Außerdem: Meiner hat ohnehin keine Meinung dazu, wie viele Kissen wir brauchen und ob das Lila an der Wand zu lila ist.
Wenn der Mann aber nichts sagt, ist das auch nicht richtig. Dann dauert es nicht lange und schon ist mit scharfem Ton der allen Männern bekannte Vorwurf zu hören: Es gefällt dir wohl nicht.
Ja, wie gesagt: Wenn wir mit euch Männern dringende Dinge besprechen wollen, schützt ihr Migräne vor. Dafür gebt ihr euren Senf dazu, wenn ihr gar nicht gefragt seid.
Wenn wir Männer was sagen, ist es falsch. Wenn wir Männer nichts sagen, ist es auch falsch. Das ist das Dilemma, das unauflösbare Problem, in dem wir stecken. Da Sie in Ihrem Buch viele Redewendungen und Aphorismen zum Thema Mann und Frau zum Besten geben, sei hier ein altes und so kluges spanisches Sprichwort angeführt: Eine Frau ist so durchschaubar wie eine Melone. Wie groß unser Herz auch ist, wie stark unser Wille, wir werden die Frauen nie verstehen. Und das lässt uns immer unsicherer werden.
Soll ich Ihnen ein Taschentuch reichen?
Ein Taschentuch? Ein Mann braucht kein Taschentuch! Es sei denn, er hat einen Fleck auf dem Schuh.
Und die Frau soll sich bücken und ihn wegwischen? Oder wie ist das jetzt gemeint? Also, nach einer Lesung in Hannover, zu der ungefähr 300 Frauen und ein Mann gekommen waren ...
... Ein Mann? Das war bestimmt so eine „Vati-Mutti“.
nein, ich glaube, das war einer aus der Abteilung: „Heute bin ich mal ganz mutig! Ich gehe mal zu einer Veranstaltung nur für Frauen“. Jedenfalls kamen ganz viele Zuhörerinnen anschließend zu mir und eine sagte: „Willkommen in meinem Leben!“ Irgendwie ähneln wir uns doch alle. Und es herrscht Common Sense. Der Vor- und der Nachteil von Männern ist: Sie sind eben Männer.
Aber ohne geht es auch nicht.
Das haben Sie messerscharf erkannt! Ich find’s auch wirklich prima, dass es die gibt! Und soll ich Ihnen mal was verraten? Ich bin sogar oftmals lieber mit Männern zusammen als mit Frauen. Männer sind einfach entspannter, wenn die in einer Runde zusammensitzen, wollen die gar nicht wissen, warum das Usambaraveilchen den Kopf hängen lässt. Von dieser Relaxtheit können wir Frauen lernen! Wenn wir Frauen unter uns sind, haben wir den Hang zum Analysieren und Durchleuchten. So ruhelos. Ich weiß auch nicht, woran das liegt! Ich weiß nur: Ich bin ja selbst Teil des Geschehens und deswegen auch mitschuldig.
Vielleicht liegt es daran, dass die Frauen ständig die Männer verändern wollen. Die können einfach nicht locker lassen.
Jaha, Herr Becker! Aber wenn Sie sich bitte erinnern wollen: Wir hatten ja gerade den Versuchsaufbau: Frauen UNTER SICH – KEIN Kerl, an dem sie gerade rumerziehen müssen.
Tja, aber dieser ständige Dressurwille, der führt einfach zu Verspannungen.
Mmh. Ich glaube eher, wir Frauen sind immer so politisch korrekt. Ich plaudere hier mal aus dem Nähkästchen: Ich habe es noch NIE erlebt, dass Frauen zusammensaßen und schmutzige Witze erzählt haben.
Machen wir Männer auch nicht ständig. Das ist nur ein böses Gerücht.
Wusste ich’s doch! – Aber mal ehrlich: Wir Frauen können doch auch nicht streiten! Wenn Männer streiten, kommen die irgendwann an den Punkt, da heißt es: „Schwamm drüber, lass uns ein Bier trinken gehen!“ Wenn ich mich mal mit einer Frau gestritten habe, bin ich nie auf die Idee gekommen, ihr auf die Schulter zu klopfen und zu rufen: „Komm, wir gehen jetzt einen saufen!“
Auch wenn wir sehr flach gestrickt sind: Männer sind einfach cooler, oder?
Was soll ich sagen ...?
Frau Kessler, wären Sie vielleicht nicht doch manchmal lieber ein Mann?
Hey, das bin ich noch nie gefragt worden! Aber wenn Sie’s niemandem verraten: Ja, ich glaub schon!
Das Gespräch führte Dirk Becker
„Der Tag, an dem ich beschloss, meinen Mann zu dressieren“ ist im Diana-Verlag erschienen und kostet 12,99 Euro
Katja Kessler, geb. 1969 in Kiel, ist Autorin und Klatschkolumnistin.
Katja Kessler studierte Zahnmedizin in Kiel und Hamburg und wurde über „Eisenaufladung und Antioxidantienstatus bei Patienten mit homozygoter ß-Thalassämie unter Gabe des Chelators Deferiprone“ promoviert.
Über ein Praktikum beim Axel-Springer-Verlag kam sie zur Bild-Zeitung und war dort für die Texte zu den Nacktbildern auf der ersten Seite verantwortlich. Vier Jahre berichtete sie dann in einer eigenen Kolumne über die High-Society im In- und Ausland. Katja Kessler schrieb zusammen mit Dieter Bohlen dessen Biografien „Nichts als die Wahrheit“ (2002) und „Hinter den Kulissen“ (2003). 2007 erschien ihr erster Roman „Herztöne“.
Katja Kessler ist mit Kai Diekmann, Bild-Chefredakteur und Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe, verheiratet. Die beiden haben vier Kinder und leben in Potsdam. kip
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