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Kultur: Aus Flächen und Farben

Brigitte Ruschs „Paradiese“ auf Freundschaftsinsel

Stand:

Brigitte Ruschs „Paradiese“ auf Freundschaftsinsel Das Paradies ist überall, doch sieht man“s meistens nicht. Seit letztem Sonntag sind im Pavillon auf der Freundschaftsinsel farbenkräftige Bilder ausgestellt, welche sich gleich im Plural auf diesen Topos beziehen. Die Architektin und Gartengestalterin Brigitte Rusch hat „Paradiese. Bilder und Gärten“ überall da gefunden, wohin sie ihre Maleraugen führten, auf der „Maroccoreise“ letztes Jahr, in den Lavendelgründen der Provence, aber auch am Ufer des Heiligen Sees oder neben dem eigenen Haus, wenn der Mohn im Sommer blüht. Auf der erwachenden Insel stehen Schneeglöckchen neben just aufgebrochenen Anemonen und Krokussen, das Gärtnervolk besorgt mit Fleiß den fachgerechten Frühjahrsputz. Doch wie im realen Leben, so macht es das veranstaltende Kulturamt dem Besucher nicht gerade leicht, sich dem Ort aller Wünsche anzunähern. Montag und Dienstag war der Laden dicht, kein Hinweis weit und breit warb für Rusch''s paradiesische „Gärten". Wo bitte ist das vorbereitete Plakat? Auch drinnen versäumte man es, ihren Bildern ein Curriculum dazuzugeben. Wer etwas über die noch kriegsgeborene Künstlerin aus Stuttgart erfahren will, müsste das behufs des Kataloges (15 €) tun, doch der besteht allein aus Reproduktionen. Kein Begleittext lädt dazu ein, den nur selten grünen Welten dieser farbverliebten Malerin etwas tiefer nachzusinnen. Schade. Formal gesehen sind die Arbeiten in Mischtechnik der Formate 80 mal 80, größer oder auch kleiner, gefertigt: Gouachen, Acryl, Ölpastellkreide auf Leinwand oder Malplatte und Bilder „auf Kupferdruckpapier unter Glas". Thematisch sehnen sie den Frühling herbei, versuchen das Flirren des Sommers und den Potsdamer Herbst am Heiligen See zu beschreiben. Eine zweite Gruppe ist dem Reisen als Suche nach dem Höchsten gewidmet, vergleichbar den „fahrenden Schülern zum Paradeis“ in mittelalterlichen Provinzen. Dazwischen findet man Bilder der gedanklich-assoziativen Art: Vier farblich hervorragend abgestimmte „Elemente in Blau", oder die zum Eingang gewandte „Verblassende Erinnerung", vertikal strukturiert und gleichfalls in satten Marinetönen gehalten. Schön. Rechterhand hängen, wie zur Legitimierung, Grundrisse von ihr gestalteter Privatgärten in Soest, dazu illustrierende Fotos. Laden sie wirklich zur paradiesischen Bilderschau ein? Die Leuchtkraft des Gemalten fällt genauso auf wie die oftmals flächige Anlage. So sind „Sommer" und „Sommerglut" in allem nahe verwandt, übereinander gestapelte Horizonte brennenden Rots oder Gelbs ohne Tiefe, deutlich bemüht, die flirrenden Farbspiele Ton in Ton zu gestalten. Zweifellos empfindet die Potsdamerin (seit 1999) „architektonisch“, also räumlich, wenn sie arabische „Lehmdörfer" erdbraun abbildet oder eine „Flussoase" aus der Vogelperspektive darstellt. Man sieht es nur nicht immer. Ihr Malstil ist oft impressiv, aber kaum („Farben von Fes") flüchtig, intermittierend zwischen Architekten-Sinn und einem malfreudigen Gemüt, auf der Suche nach dem Paradies dieser Erde, welches allen vor Augen steht und keiner bemerkt. Es sei untergegangen, sagen die einen, es sei nur weggerückt, die anderen. Ein Gran davon spiegelt diese Ausstellung, durch blühenden Mohn und Hibiskus, im provencalischen Lavendel, mit der südlichen Topographie von Luberon und Rustrel. „Vorfrühling" und „Abschied", staubgraue Landschaft Marokkos und „Gnade" – Brigitte Rusch''s Ästhetik schwankt zwischen Abbildung und Vergeistigung. Gerold Paul

Gerold Paul

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