Kultur: Aus Hund wird Mensch
Ton & Kirschen mit Bulgakows „Hundeherz“
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Traue keinem Wohltäter, erst recht nicht in besonders schlechten Zeiten. Doch dem Hund namens Moppel hängt der Magen vor Hunger so tief, dass er sämtliche Vorsicht fahren lässt. Gerade noch hat er sich vor dem Schneesturm in einem Torbogen versteckt, das menschliche Treiben um sich herum beobachtet und mit seinem gräulichen Geheul bitterböse kommentiert, da kommt dieser rätselhafte Herr mit der goldgefassten Brille und lockt Moppel mit Stücken einer Wurst mit dem wohlklingenden Namen „Extrakrakauer“. Und fast wäre Moppel seinem Schicksal beim Anblick eines Portiers doch noch entgangen: „Hierher? Mit Vergnü ... Ach nein, entschuldigen Sie, nein. Da ist ein Portier. Es gibt nichts Schlimmeres auf der ganzen Welt. Hundertmal gefährlicher als ein Hausknecht. Übles Gesindel, widerlicher als Katzen. Schinder in Livree.“ Doch der rätselhafte Mann beruhigt ihn und grüßt den Portier freundlichst. Und dann lockt da noch die „Extrakrakauer“.
In seiner Erzählung „Hundeherz“ lässt der russische Schriftsteller Michail Bulgakow besagten Moppel durch den rätselhaften Mann, den erfolgreichen und wohlhabenden Chirurgen Professor Filipp Filippowitsch Preobrashenski, die Hoden und die Hirnanhangdrüse entfernen und durch die entsprechenden Organe eines zuvor verstorbenen Säufers und Diebes ersetzen. Der bei diesem Experiment entstandene grobschlächtig-ruchlose „Hundemensch“ entwickelt sich aber schon bald zum Alptraum für seinen Schöpfer. Das Glindower Wandertheater Ton & Kirschen hat sich Bulgakowas bitterböser Satire angenommen und sie für die Bühne bearbeitet. Am Freitag kommt „Hundeherz“ in der „fabrik“ zur Premiere. Das Werk, das 1925 verfasst wurde, aber erst 1987, 47 Jahre nach dem Tode des Autors, in der Sowjetunion erscheinen konnte, spielte damals auf den von der Sowjetunion propagierten „neuen sowjetischen Menschen“ an und wirkt gerade heute, bei all den Versuchen, den Menschen selbst und seinen Alltag zu optimieren, besonders aktuell. Diese groteske Geschichte ist von Ton & Kirschen für das Theater dramatisiert worden.
Die von Margarete Biereye und David Johnston 1992 gegründete Theaterkommune Ton & Kirschen hat ihren Spiel- und Lebensort in Glindow. Heute gehören zum Ensemble neun Schauspieler und Musiker aus Deutschland, England, Frankreich, Wales und Kolumbien, die als Wandertheater oft im Ausland, in Frankreich und Polen, in Indien, Kolumbien, Korea und Marokko, regelmäßig aber auch in Potsdam zu erleben sind. PNN
Premiere am Freitag, dem 14. November, 20 Uhr, in der „fabrik“, Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet zwischen 4 und 14 Euro.
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