Kultur: Aus Leidenschaft
Künstler zeigen ihre Kunstsammlungen
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Er röhrt laut und vernehmlich, der Hirsch auf dem Bild von Albert Markert in der Ausstellung „Künstler als Kunstsammler“. Der Brandenburgische Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BVBK) hat fünf seiner Mitglieder eingeladen, Teile ihrer Sammlung in der Galerie des Vereins zu zeigen. So gelangt auch das zumeist als kleinbürgerlicher Zimmerschmuck geschmähte Motiv des Geweihträgers in die Ausstellung. Die Sammlerin Jutta Pelz stellt drei Bilder ihres Studienkollegen Markert aus, der auf seinen Linolschnitten und Collagen immer wieder das beliebte Tiermotiv verwendet. Eingebunden in einen Teppich aus abstrakten Ornamenten wirkt das Rotwild plötzlich überraschend modern.
„Künstler sammeln anders als andere Sammler“, konstatiert Marianne Gielen, Vorstandsmitglied beim BVBK. Der Sammlerblick des Künstlers sei ein professioneller, dies führe zu einem „wertenden Vergleich“ mit den eigenen Werken.
Nicht selten interessiere sich der Künstler auch für Objekte anderer Kulturkreise, nicht zuletzt um von deren fremder Kraft für die eigene Arbeit zu profitieren. So sammelt der Maler Eberhard Trodler afrikanische Plastiken. Deren häufig aus geometrischen Elementen geformte Körper hatten schon Picasso zur Entwicklung des Kubismus inspiriert. Auch der expressionistische Maler Karl Schmidt-Rottluff schätzte die Holzskulpturen.
Aus geometrischen Elemente gebaut sind auch die Aquatinta Radierungen, die Marianne Gielen von Paul Uwe Dreyer gesammelt hat. „Visualisierte Denksysteme“ nannte der Stuttgarter Akademieleiter Dreyer seine Bilder. Der Sammlerin gefallen deren „klare Formsprache und die zwingende, konsequente Konstruktion“. Entscheidend für den Entschluss, Arbeiten von Dreyer zu sammeln sei die persönliche Wertschätzung und das Gespräch mit dem Künstler gewesen. Die Arbeiten Dreyers erscheinen unerwartet aktuell. Abstrakte Formenexperimenten sind am gegenwärtigen Kunstmarkt auf dem Vormarsch, nachdem die Hysterie über die „Neue Leipziger Schule“ abgeklungen ist. 2006 gewann die ungegenständlich malende Kielerin Tomma Abs sogar den renommierten Turner Preis.
Die Auflagenserie der Radierungen Dreyers dürfte nicht zuletzt deshalb entstanden sein, um ein Sammlerinteresse zu erschwinglichen Preisen zu befriedigen. Der „große Kopf (Maler Krenkel)“ hingegen ist ein Geschenk des Freundes Wilfried Statt an den Sammler Trodler. Oft gedeihen Kunstsammlungen von Künstlern auf dem Wege gegenseitigen Tausches und Schenkens, denn das Ankaufbudget ist häufig eng limitiert. „Künstler sammeln selten wegen der möglichen Wertsteigerung der Werke“, bemerkt Gielen.
Die recht unterschiedlichen Werke der Ausstellung fügen sich zu einem schönen Überblick der vielgestaltigen Möglichkeiten, mit künstlerischem Blick die Welt zu interpretieren. Die kommerziellen Perspektiven des Kunstsammelns geben dann wieder im Herbst auf der Artforum den Ton an. Der Umsatz der Messe belief sich im Jahr 2008 auf etwa 1,4 Millionen Euro. Das ist nicht besonders beeindruckend. Dabei kommen einschlägige Untersuchungen zu dem Schluss, dass Kunst als Kapitalanlage nicht instabiler sei als der gerade einbrechende Aktienhandel.
Die Potsdamer aber sammeln aus Liebhaberinteresse und der Nähe zu den Künstlern. Die Sammlerin Heidi Wagner-Kerkhof verfügt über allerlei Bildhauergrafik. Sie interessiert das spezielle Spannungsverhältnis zwischen der Plastik und der zweidimensionalen Zeichnung. Den Anstoß für ihre Sammelleidenschaft gab die Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Gerhard Lichtenfeld. Wagner-Kerkhof druckte alte Radierungen für ihren Lehrmeister Lichtenfeld nach. Dieser gab der Studentin jeweils ein Blatt der Drucke. Er war für die Hilfe dankbar, denn das Drucken fiel ihm schwer. Im Zweiten Weltkrieg hatte er eine Hand verloren.
Produzentengalerie M, Hermann-Elflein-Straße 18 (Luisenforum), bis 30. 8., Mi-Fr 11-17 Uhr; Sa und So 11-18 Uhr.
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