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Kultur: Aus Marquardt und aus Montevideo

Arbeiten von Bernd Krenkel und Edgardo Flores sind im Alten Rathaus zu sehen

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Arbeiten von Bernd Krenkel und Edgardo Flores sind im Alten Rathaus zu sehen Wo liegt eigentlich Uruguay? Und wie malt man dort? Die erste Frage ist beim Blick auf den unteren Teil Südamerikas zu beantworten, die zweite mit einem Besuch der aktuellen Ausstellung im Alten Rathaus. Dort zeigt der Förderverein der Batuz Foundation in Potsdam e.V. malerische und grafische Arbeiten von Edgardo Flores zusammen mit Malerei und Plastik von Bernd Krenkel. Dass Flores im uruguayischen Montevideo wohnt, Krenkel im brandenburgischen Marquardt, ist nach den Initialen dieser Orte eine Gemeinsamkeit. Eine zweite, dass beide häufig Köpfe darstellen. Man darf also annehmen, dass es sich bei dem „Ciclo vital“, so ist die Ausstellung überschrieben, um das menschliche Leben handelt. Dieser „Zirkel des Lebens“, so Brigitte Faber-Schmidt vom Förderverein der Batuz Foundation, lasse sich vielfältig interpretieren. Wer hätte das gedacht? Der pathetische Ausstellungstitel wirkt angesichts der knapp 50 gezeigten Arbeiten reichlich bemüht. Bedauerlich auch, dass man es nicht für nötig hielt, die spanischen Titel an Flores“ Arbeiten zu übersetzen. Des Spanischen werden die wenigsten Besucher mächtig sind. So wird ihnen verborgen bleiben, dass das vage zu erkennende Gesicht auf „La Mueca“ eine Grimasse schneidet und der wohlklingenden Titel „Variacion Sajona“ auf zwei Bildern eine sächsische Variante sein soll. Solche Nachlässigkeiten sind um so ärgerlicher, weil für heimisches Publikum gerade die Arbeiten des Uruguayers Flores anziehend wirken. Schon als Jugendlicher begann der 1958 Geborene das Malen. Seit 1980 vertauschte er jedoch das Atelier mit dem Sparring, den Pinsel gegen den Boxhandschuh. So erklären sich seine häufigen Boxmotive und auch die Dynamik, die er den schwarz-weißen Blättern mit der eher seltenen Holzschnitt-Technik zu geben vermag. Beim Porträt „Con la sangre en el ojo“ spiegelt sich in den Augen ein Boxer mit gehobenen Händen. Der Betrachter schaut in sein Spiegelbild, und auch sein Gegenüber wird gleich die Fäuste zum Schlag heben. Wer anders, als der es selbst erlebt hat, kann solche hypnotisch wirkende Situation einfangen? Dieses jüngst gedruckte Blatt steht den wenig älteren gemalten Köpfen nahe. Doch sie, wie auch der übrigen Bilder, zeigen weder die handwerkliche Sicherheit noch die künstlerische Virtuosität und Ausdrucksstärke der Holzschnitte. Unter ihnen ist „Box Populi“ ein sehenswerter Druck: ein Epitaph auf einen namenlosen – vielleicht alle? – Boxer, zu dem das Kreuz aus vier Armen mit Fäusten gebildet ist. Ohne Zweifel war es eine gute Idee, Flores im November 2004 für zwei Wochen an der Kunstschule Potsdam unterrichten zu lassen. Die dabei entstandenen und jetzt in kleiner Auswahl gezeigten Arbeiten, so ein Blatt von Wolfgang-Werner Kipsch, beweisen dies. Die Verbindung zur Kunstschule kam über Bernd Krenkel zustande, der dort unterrichtet und vor einem knappen für eine gemeinsame Ausstellung mit dem Uruguayer angesprochen wurde. Die beiden lernten sich kennen. „Die Chemie stimmte sofort“, erinnert sich Krenkel gerne. Die Idee der Batuz Foundation, dass Kunst die verbale Vermittlung ersetzen könne, wurde damit bestätigt. Im Vergleich mit Flores“ bewegten Drucken und starkfarbiger Malerei verbreiten Krenkels Arbeiten meditative, introvertierte Ruhe. Sie leben von weit getriebener Abstraktion des Motivs zu ungegenständlichen Chiffren. In der Serie „Kopfspur“ von 1995 sind mit Acrylfarben umrissene Schädel mehr zu ahnen als zu sehen. In „Phönix I/II2“ von 1998 wirkt die aufgeklebte Asche stärker als der vage Vogelumriss. Und in „Figurative Kürzel I/II“ von 1999 und 2000 hat Krenkel mit kalligraphisch anmutenden Pinselhieben bewegte Körper und gering variierte Köpfe aneinander gereiht. Eine Überraschung hielt Potsdams Kulturbeigeordnete bereit. Mit ihrer Vernissagenrede war Gabriele Fischer für den angekündigten Oberbürgermeister eingesprungen. Verständlich, dass sie die Ausstellung als - hoffentlich tragfähigen - Baustein in Potsdams Bewerbung zur Kulturhauptstadt versteht. So erinners- wie bemerkenswert aber ist, dass sie ein beinahe euphorisches Bekenntnis zur bildenden Kunst abgab: „Ausstellungen von hoher Qualität, das brauchen wir in Potsdam“. Künstler und Galeristen werden es gern gehört haben - und die Beigeordnete daran erinnern.Götz. J.Pfeiffer Bis 30. Januar 2005 im Alten Rathaus, Am Alten Markt, Di-So 10-18 Uhr.

Götz. J.Pfeiffer

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