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Kultur: Aus Weimarer Zeiten

Bach-Orgelkonzert mit Andreas Zacher

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Bach-Orgelkonzert mit Andreas Zacher Es hätt scho sei Geschmäckle, würde der Schwabe verzähle, wenn am Reformationstag in einem katholischen Gotteshaus Lutherchoräle von Bach auf der Orgel erklingen. Ist damit, seit Luthers Thesenanschlag anno 1517 und der anschließenden Trennung der Kirche, die Annäherung selbiger etwa in Sicht? Mitnichten. Das Orgelkonzert von Andreas Zacher in der Katholischen Propsteikirche St. Peter und Paul fand einzig deshalb statt, weil es einerseits einen Feiertag gab, andererseits die evangelischen Kirchen der Stadt an diesem Tag des Reformationsgedenkens den kirchenmusikalischen Offenbarungseid leisteten. Mit Bachschen Werken aus der Weimarer Zeit setzte der Organist seiner diesbezüglichen Saisonreihe das Finale. In Weimar beschäftigte sich Bach vor allem mit der italienischen Instrumentalmusik. Die im etwas altväterlichen Stil eines Frescobaldi stehende d-Moll-Canzona BWV 588 kündet davon. Gravitätisch schreitet sie zunächst im Pedal einher. In der Oberstimme wird die Melodie zunehmend leuchtender, bewegter und hell klingender, ehe sich rundum Festlichkeit ausbreitet. Schon hier zeigt sich Zachers sicheres Empfinden für eine den Stücken angemessene Registrierung. Spielerischen Mätzchen steht er wie eh und je ablehnend gegenüber. Dienst am Werk – so lautet seine Devise. Theologische Abgrenzungen kennt sie nicht. Ein weiteres „italienisches“ Stück ist das Concerto d-Moll BWV 596, eine Vivaldi-Adaption. Die kapriziösen Sechzehntelfigurationen des Anfangs verleihen dem Stück eine enorme Dynamik. Geschwind nimmt Andreas Zacher die Fuga, mit stilkundigem Gespür für das Funkelnde des sich stetig Verwandelnden. Das Largo atmet italienische Kantabilität, der rauschende Schluss-Satz erklingt im scharf getönten Plenum. Alles ergibt sich organisch aus der Musik. Auch wenn sie „französisch“ geprägt daherkommt. So geht die Aria F-Dur BWV 587 auf einen Couperinschen Instrumentalsatz zurück. Werkgerecht zieht Zacher dafür Zungenstimmen; für die diskantscharfen Klänge wählt er ein Vierfuß-Rohrflötenregister. Aus dem „Orgelbüchlein“ erklingen vier kleinere Choralbearbeitungen, darunter die Texte und Weisen aus der Reformationszeit „Es ist das Heil uns kommen her“ und „Vater unser im Himmelreich" (Martin Luther). Erstere brandet im vollen Orgelwerk erhaben auf, während letztere weich getönt ins Ätherische entschwebt. Kraftvoll bzw. erhebend ertönen „Hilf Gott, dass mir''s gelinge“ und „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. In konzertante Gefilde entführt Zacher zunächst mit Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537, deren gemächliches Metrum steht für abgeklärte Ruhe, für stetes Fließen. Die seufzerreichen Affekte drücken sich in gedeckten Farben aus. In beständiger Verwandlung singt die Melodiestimme über liegendem Bass ihr kantables Lied. Den Kontrast dazu setzt die Fuge, vom Organisten sozusagen fingerspitzig gespielt. Krönenden Abschluss findet der Weimarer Ausflug mit der Passacaglia c-Moll BWV 582, die nach allen Regeln kontrapunktischer Verwandlungskunst aus dem ostinaten Thema ein Klanggebäude aus zwanzig Variationen entwickelt. Andreas Zacher pflegt dabei in gradliniger Erzählweise eine herrlich natürliche Phrasierung, und eine selbstverständliche, dem Ausdruck angemessene Registrierung. Peter Buske

Peter Buske

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