Kultur: Aus zweiter Hand und Originale
Frühlingskonzert mit dem Trio Variatio Potsdam-Berlin in der Sternkirche
Stand:
Frühlingskonzert mit dem Trio Variatio Potsdam-Berlin in der Sternkirche Wer sich als Musiker auf die Bearbeitung von Kompositionen versteht, lebt möglicherweise elastischer. Manchmal ist es Not, manchmal auch Tugend. Beides, so möchte man meinen, trifft auf das umtriebige Trio Variatio Potsdam-Berlin zu, denn Kathrin Goschenhofer (Oboe), Benno Kaltenhäuser (Violoncello) und Ulrich Ehrentraut am Kontrabass bilden eine eher seltene Besetzung. Nicht einfach, entsprechende Literatur zu finden – nicht schwer, wenn man in den beiden Herren gute Arrangeure hat. Das bewährte Ensemble gab in der gut besuchten Sternkirche ein munteres wie interessantes Frühlingskonzert. Ringsum konnte man die ernste Malerei der Göhlsdorferin Maren Simon bestaunen. In verschiedenen Techniken stellt sie wohl die kraftvoll erwachende Natur dar, aber auch christliche Motive wie „Blühende Dornenkrone“ und ein „Paar im Paradies“, das seinen Sündenfall bereits hinter sich zu haben scheint. Linkerhand findet man Bilder von der „Magersucht“, endend mit dem „Abschied vom Lebendigsein“ beim langsamen Sterben (bis morgen noch zu sehen). Mit frühlingshaft-heiterer Haltung hingegen präsentierte sich das variations-freudige Trio. Programmzettel gab es nicht, jeder Instrumentalist übernahm einen Teil der Ansage, etwa dergestalt, dass beim ersten Stück, der Wiener Sonatine in C-Dur, trotz aller Eingriffe, „noch etwas Mozart übrig geblieben“ sei. So leicht war das gar nicht herauszuhören, denn der Meister hatte das viersätzige Opus es für zwei Bassetthörner geschrieben, woraus eine Klavierbearbeitung zweiter Hand entstand, welche die Herren Kaltenhäuser und Ehrentraut für ihre Instrumentierung nochmals verändern mussten. Die Vortragsart der Künstler war durchweg galant und geschmeidig, und auch diese Sonatine klang, nicht allein im Adagio des dritten Satzes, sehr schön, allein dass Mozart die Vorlage gab, irritierte schon ein wenig. Es folgte die Sonate in d-Moll für Violoncello und Kontrabass von Joseph Bodin de Boismortier, ein direkter Zeitgenosse von Johann Sebastian Bach, in vier erstaunlich kurzen Sätzen. Sehr hübsche Figuren für die Melodiestimme, zügiges Tempo, Gefühl, Atmosphäre. Vielleicht war im Schlusssatz (Vivace) etwas Mühe zu spüren. Wie aus einem Guss dann die Triosonate für alle drei Stimmen von Antonio Lotti. Schmelzender Stil im herrlichen Largo, flotte Oboenführung beim Allegro, einfühlsames Adagio, dann das strahlende Vivace zum Schluss. Toll. Kurze Pause. Der Böhme Josef Myslivecek, auch er lebte zu Bach’s Zeiten, schrieb eine Triosonate, worin sich eigentlich viele Bläserparts finden. Man hörte die Bearbeitung des ersten Satzes, Allegro, mit verhaltenen Schwüngen und heiterem Grundton. Dann ein Menuett von Boccherini, nach einer Klavierbearbeitung, die sich auf Mozart beruft, ganz leicht und mit gutem Humor gespielt. Nach einer brillant gefassten Varia auf Schuberts „Leise flehen meine Lieder“ (Bearbeitung Benno Kaltenhäuser) folgte Ragtime von Scott Joplin für drei Instrumente. Viel Beifall und der humorige Kommentar von der Bühne: „Jetzt haben wir wohl Ihren Geschmack getroffen!“ Ach was, auch zuvor gab es guten Applaus. Ja, dann kam noch ein Walzer von Johann Strauss, worin die Oboe wenig Arbeit hatte: Den Kuckuck im Frühling zu imitieren, brauchte es nur vier Töne. Blumen zum Abschied. Gerold Paul
Gerold Paul
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: