zum Hauptinhalt
Bachpflege mit Tradition im Schlosstheater. Das Ensemble Exxential Bach mit dem künstlerischen Leiter Björn O. Wiede am Cembalo.

©  Bachtage

Kultur: Bach verpflichtet

Am kommenden Samstag werden die 11. Potsdamer Bachtage eröffnet / Elf Konzerte an acht Tagen

Stand:

Bach als Lebensaufgabe. Für den italienischen Pianisten Gianluca Luisi scheint dies zu gelten. Und im ganz speziellen Fall für Bachs „Wohltemperiertes Klavier“. Als Lehrwerk in zwei Teilen angelegt, hat Bach hier 1722 und 1740/42 insgesamt 48 Präludien und Fugen auf allen Dur- und Molltonarten geschrieben. Heute zählt dieses Lehrwerk zu den wichtigsten Tonschöpfungen, wird es gar als „Altes Testament“ in der Musikgeschichte bezeichnet. Demgegenüber stehen Beethovens 32 Klaviersonaten, die als das „Neue Testament“ gelten.

Im Rahmen der am kommenden Samstag beginnenden Potsdamer Bachtage wird Gianluca Luisi den zweiten Teil des „Wohltemperierten Klaviers“ interpretieren. Die Fortsetzung seines Auftritts im vergangenen Jahr, als der erste Teil auf dem Programm stand. Für treue Besucher der Bachtage, die in ihr mittlerweile elftes Jahr gehen, ist der italienische Pianist Luisi kein Unbekannter mehr. Neben seinem überzeugenden Auftritt im vergangenen Jahr war er auch schon 2005 und 2007 in Potsdam zu Gast. Und immer standen auch Kompositionen aus dem „Wohltemperierten Klavier“ auf seinem Programm.

Manchem mag das etwas eintönig erscheinen: Immer wieder das „Wohltemperierte Klavier“. Doch wie bei nur wenigen Komponisten gilt auch bei Bach die seltene Regel: Je öfter man ein bestimmtes Werk von ihm hört, umso mehr öffnet es sich, umso mehr erfährt und lernt man. Und gelegentlich überkommt einen dann auch der Gedanken, dass es jetzt an der Zeit sei, sich nur mit diesem Werk und seinen zahlreichen Interpretationen zu beschäftigen. Wem das dann doch zu begrenzt erscheint, der kann sich ja auf den Komponisten beschränken. Im Falle Bach wäre das wirklich eine Lebensaufgabe.

Für Björn O. Wiede ist die Verbindung von Bach und Potsdam zu einer Lebensaufgabe geworden. Seit 1994 ist Wiede Kantor an der Nikolaikirche. Im Jahr 2001 organisierte er zum ersten Mal die Bachtage Potsdam, fünf Jahre danach gründete er das Ensemble Exxential Bach, ein Jahr später dann die Brandenburgische Bach-Gesellschaft. Nun ist Wiede nicht der erste, der sich in Potsdam für ein stärkeres Bewusstsein für Johann Sebastian Bach einsetzt. Letztendlich führt er nur konsequent und hartnäckig eine Bachpflege weiter, die über 150 Jahre zurückreicht und auf das Jahr 1447 verweist.

Im Mai 1747 traf Bach in Potsdam mit Friedrich II. zusammen. Diese Begegnungen und einige Auftritte vor Ort inspirierten ihn zu seiner Komposition „Das Musikalische Opfer“. „Würde man heute Bachs Leben an bestimmten, für sein musikalisches Schaffen wichtigen Orten festmachen wollen, so würde auch Potsdam, trotz des kurzen Aufenthaltes, mit Sicherheit dazugehören“, wie Wiede in einem früheren Gespräch sagte. Doch ganz unabhängig von diesem Ortsbezug, man kann Wiede nur dankbar sein für seine Bemühungen, regelmäßig im September für ein paar Tage das Konzertleben in Potsdam auf das Werk von Johann Sebastian Bach zu konzentrieren.

Neben elf Konzerten an acht Tagen bieten die Bachtage auch in diesem Jahr wieder unter dem Motto „Bach im Film“ am Dienstag, dem 6. September, im Filmmuseum Einblicke in die cineastische Beschäftigung mit dem großen Meister. Gezeigt wird „Mein Name ist Bach“, in dem Regisseur Dominique Curtiz sich recht eigenwillig mit der Potsdamer Begegnung von König und Komponist im Jahr 1747 auseinandersetzt.

Musikalisch eröffnen und beschließen wird das Ensemble Exxential Bach unter der Leitung von Wiede die Bachtage. „O angenehme Melodei“, so der Titel des Eröffnungskonzerts am kommenden Samstag. Das Abschlusskonzert am 11. September, dem zehnten Jahrestag der Anschläge von New York und Washington, wird die h-Moll-Messe mit ihrer Friedensbitte „Dona nobis pacem“. Dazwischen ein Programm, das vor allem der Sololiteratur nicht nur von Bach gewidmet ist. Neben dem Auftritt von Gianluca Luisi am Samstag, dem 10. September, wird Matias de Oliveira Pinto am kommenden Sonntag, dem 4. September, im Palmensaal der Orangerie im Neuen Garten den Bachschen Cellosuiten moderne Kompositionen von Sidney Corbett und Unsuk Chin. Am Abend zuvor widmet sich Kerstin Linder-Dewan den Mysteriensonaten, auch Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Biber, deren Passacaglia in d-Moll zum Virtuos-Erhabensten neben Bachs Ciaccona in d-Moll in der Violinliteratur gehört. Der Bachsche Vokalkunst wird am Freitag, dem 9. September, vom Tölzer Knabenchor gehuldigt, wenn sämtliche Bach-Motetten in der Nikolaikirche zu hören sind.

Für gar nicht so leichte, doch für die Besucher so nicht wahrnehmbare Missklänge sorgt die Finanzierung dieses Festivals. Über 50 000 Euro kosten die Bachtage. 10 000 Euro werden davon durch Fördergelder finanziert, 5000 davon durch die Stadt Potsdam. Der Rest muss durch Eigenmittel erwirtschaftet werden. Für Björn O. Wiede ist es schwer nachvollziehbar, dass eine über elf Jahr etablierte Veranstaltung nicht mit mehr Förderung seitens der Stadt rechnen kann. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Laut Kulturamt bestehen diese Fördergrößen schon seit Jahren. Außerdem müsse die Stadt bei den ohnehin nur überschaubaren Geldern mit einem festen Budget arbeiten. Wenn man mehr Geld hätte, würde man auch gern mehr geben.

Eröffnungskonzert der Bachtage am kommenden Samstag, 17 Uhr, mit dem Ensemble Exxential Bach im Schlosstheater im Neuen Palais. Karten und Informationen zum Programm unter Tel.: (030) 479 974 25 sowie im Internet unter www.bachtage.de

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })