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Kultur: Balladesk

Die Moneybrothers aus Schweden im Lindenpark

Stand:

Ein Skandinavier in der Mittelstraße. Die Sonne scheint, es ist später Mittag, ein Glas Wein steht auf dem Tisch und Musiker Anders Wendin alias Moneybrother fühlt sich wie in einem französischen Film. Kurz stutzt man wegen des französischen Lebensgefühls inmitten niederländischer Architektur, aber der Wein und das mediterrane Flair sind wahrscheinlich eindrucksvoller und der Musiker erzählt auch einfach so schön von seinem Tag in Potsdam dort vorn auf der Bühne des leider nur mäßig gefüllten Lindenparks.

30 Tickets waren über den Vorverkauf gegangen, da bestand zu Recht Grund zur Sorge um den Erfolg der Veranstaltung. Umso erfreulicher also, dass dann doch vier- bis fünfmal so viele Fans da sind, um das neue Album „This Is Where Life Is“ des schwedischen Musikers live zu hören. Das Banner, das die Rückwand der Bühne ausfüllt, weist auf die Entstehungsgeschichte der 2012 erschienenen Platte hin. Eine Weltkugel ist zu sehen und ein Moneybrother-Banner, welches diese umspannt. Auf sieben Kontinenten hat Anders Wendin die Stücke aufgenommen und sich von Dokumentarfilmer Jim Dziura begleiten lassen. Seine Fans sollen nicht nur die Schwierigkeiten einer Albumproduktion, sondern auch seine eigene innere Reise miterleben können.

In Potsdam tritt Moneybrother solo und akustisch auf – ein lang gehegter Traum, den Manager Peter nach langem Bitten endlich erfüllt. Der Blick des Musikers geht dankbar in Richtung Decke, ein breites Grinsen zieht sich über sein Gesicht, als er die Story um das Erstellen der Tour erzählt.

Gute Laune, Emotionalität und Erzählfreude sind überhaupt sein Markenzeichnen. Hier steht einer, der vielleicht kein qualitativ großer Sangeskünstler ist, der aber über eine markante, sehr belastbare Stimme verfügt und seine Arbeit mit Humor macht. Er hat kein Problem damit, seine Songs wie Balladen vorzutragen, manchmal mehr gesprochen als gesungen, gern mit wechselnden Rollen. Dann singt er den Frauenpart hoch und etwas überzeichnet, den Männerpart tief, rau und knarzend. Selten setzt er die Loop ein, während der meisten Songs bekommen die Fans ihn pur und mit Akustikgitarre. Unterstützung durch Banjo, Akkordeon und Gesang von Franz Nicolay, seinem Support für die Tour, bereichern die Stücke und geben ein Gefühl für die Platte, die Moneybrother mit vielen verschiedenen Künstlerfreunden eingespielt hat.

Das Banjo versetzt den Hörer in die Südstaaten oder auf die Route 66, das Akkordeon gibt den frankophilen Touch, obwohl Frankreich gar nicht auf der Liste der Tonstudios steht. Dafür ist es Nicolays Wahrzeichen, denn der hat sich der Cabaret-Tradition á la Tigerlillies verschrieben. Die beiden Musiker treffen sich vielleicht am ehesten im Punk, den Moneybrother mit Soul- und Rockelementen mischt, und der zugunsten dieser auf seiner Solotour dezent im Hintergrund agiert. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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