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Kultur: Barockes Klangfeuerwerk

Adventskonzert mit dem Neuen Kammerorchester

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Adventskonzert mit dem Neuen Kammerorchester Der Zeitgeist ist unüberlesbar und in der Unterzeile versteckt. „Vivaldi and Friends" verheißt das Adventskonzert von Mitgliedern des Neuen Kammerorchesters Potsdam in der Friedenskirche. Dieser Slogan von Vivaldi und seinen Freunden ist sprachlich nicht nur eine Anbiederung an die gegenwärtig grassierende Anglizismenepidemie, sondern auch eine stilistische Entgleisung. Weitaus passender hätte es heißen müssen: Vivaldi con suoi amici. Wie das klingt. Und was heißt schon Freunde?! Das waren Vivaldi, Corelli, Torelli und Bach wohl kaum, eher Brüder im Geiste. Bei ihrem Zusammentreffen geht es wenig ausgewogen zu: von acht Auftritten erhält der „Rote Priester" allein fünf. Alle anderen müssen sich mit einem Solo bescheiden. Von Anfang an haben die Streicher das Sagen. Im Tutti und als Solisten. Wenn sich''s voller Leichtigkeit und spielerischer Lebendigkeit wettstreitend gegenübertritt, kann ein Concerto grosso – wie das in D-Dur (op. 6 Nr. 4) von Arcangelo Corelli – nicht weit sein. Es verbreitet festlichen Glanz, zeigt sich durch die zupackende Spielweise der Streicher ganz von seiner temperamentvollen (Allegro-)Seite, die (Adagio-)Ausdruckstiefe selbstverständlich mit einschließt. Natürliche Gestaltung und bestechend saubere Intonation nehmen für das von Konzertmeister Wolfgang Hasleder präzise angeleitete Ensembles ein. Im Verlauf des kurzweiligen Konzerts stellt er sich in den Solodienst von Vivaldis jahreszeitlicher „Winter"-Beschreibung und als Virtuose auf den Saiten vor. Leere Quinten erzeugen jenes frostklirrende Bibbern, das sich einem beim Hören dieses Tongemäldes immer wieder einstellt. In den überaus geschwind genommenen, fast verhetzt wirkenden Ecksätzen erweist sich der Konzertmeister als ein exzellenter Bogenakrobat, der sich zwischendurch (Largo) behaglich am Kamin räkelt. Das Continuo mit Matthias Jacob (Orgelpositiv) und Dirk Beisse (Violoncello) spielt nicht minder stilkundig. Gänzlich vom Eise befreit zeigt sich Vivaldis h-Moll-Konzert op. 3 Nr. 10 (aus „L''estro armonico") für vier Violinen, Streicher und Basso continuo, das Wolfgang Hasleder, Kamila Namislowska, Sarah Flögel und Lydia Dobler brillanten Tons temperamentvoll spielen. (Zur Erinnerung: dieses Virtuosenstück hat Bach einst für vier Cembali bearbeitet!) Nur zwei Violinen erheischt das F-Dur Konzert op.4 Nr. 9, das ebenfalls straff artikuliert und terrassendynamisch abgestuft daherkommt. Affektbetont wird das Concerto madrigalesco d-Moll gespielt. Alle diese Preziosen werden vom cembaloverstärkten Continuo (Matthias Jacob) tatkräftig unterstützt. Zwei Gäste hat sich das Neue Kammerorchester für sein barockes Klangfeuerwerk eingeladen. Mit der Anmut und Innigkeit ihres lyrischen Soprans singt Ute Bachmaier zunächst Vivaldis Motette „Nullo in mundo pax sincera", dann Johanns Sebastian Bachs Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen" BWV 51, die ob ihres Höhenfeuerwerks an Koloraturenkaskaden, Trillerpirouetten und Verzierungssalti zu einem der brillantesten, aber auch gefürchtetsten Stücken für die Kehle gehört. Alle Achtung, wie sich die Sängerin ihrer halsbrecherischen Aufgaben entledigt. Virtuose Trompetenunterstützung erfährt sie dabei durch Marie-Theres Finkler. Zuvor hatte letztere, die den direkten Ton liebt, in Giuseppe Torellis D-Dur-Konzert für viel Glanz auf ihrer hohen Bach-Trompete gesorgt. Peter Buske

Peter Buske

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