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Kultur: Barockes „Sampling“

Das Neue Kammerorchester Potsdam in der Friedenskirche

Stand:

Das Neue Kammerorchester Potsdam in der Friedenskirche Erstmals hatte das Neue Kammerorchester Potsdam zu einem „Weihnachtskonzert“ eingeladen. Weihnachtlich war daran weniger der Inhalt - gespielt wurde weltliche Barockmusik von Johann Sebastian Bach - als vielmehr der Anlass. Und natürlich der christliche Ort: die Friedenskirche Sanssouci mit Adventskranz und Kanzelschal in violett, der kirchlichen Farbe der Vorbereitung und des Nachdenkens. Fließende Übergänge zwischen verschiedenen Aufgabenfeldern gab es schon zu Bachs Zeiten. Der vielgefragte Barockkomponist hat oft problemlos dieselben Kompositionen je nach Anlass und Auftrag für weltliche oder sakrale Zwecke verwendet - was einmal mehr die Überlegenheit der Musik gegenüber irdisch-weltlichen Grenzen aufzeigt. Statt Standardweihnachtsmusik mit Trompetenklang und Paukenwirbel erklangen in der Friedenskirche agile Oboen und ein frohes Fagott. Die junge Geigerin Anette von Hehn setzte mit der Aufführung von Bachs Violinkonzerten zwei brillante Höhepunkte, in dem vom Ud Joffe mit Witz und Esprit zusammengestellten Programm. Die Orchestersuite D-Dur machte in der reduzierten Originalversion ohne Pauken und Trompeten, die Bach erst bei der Umarbeitung dieses Stücks zu einer Weihnachtskantate eingefügt hatte, eine gut verschlankte Figur. Abwechlsungsreich fügte sich die kleine Holzbläsergruppe mit drei Oboen und einem Fagott in das federnde Gewebe der Musik ein. Mal setzte das eifrige Fagott hüpfende Akzente, mal malten die Oboen im Trio helle Klangtupfer. Wie ein vollständiges Konzert erklangen drei aufeinanderfolgende Stücke nach der Pause, die Ud Joffe mit künstlerischer Freiheit zusammengefügt hatte. Bourree I und II aus der 1. Orchestersuite von J. S. Bach eröffneten mit spritzig-übermütigen Tonfall. Beim wiegenden, schwärmerischen Siciliano aus BW 1053 entfaltete die Solo-Oboe melancholische Hirteneinsamkeit voller Anmut und Innigkeit. Die „Ankunft der Königin von Saba“ aus Georg Friedrich Händels Oratorium „Salomon“ markierte mit einem kleinen Oboen-Concertino bewegt und brillant den letzten Satz dieses neobarocken Konzerts im postmodernen Stil des „sampling“. Gebannt hatten die zahlreichen Zuhörer auf den Auftritt von Anette von Hehn mit den beiden im Original erhaltenen Violinkonzerten BW 1041 und BW 1042 gewartet. Die preisgekrönte Geigerin nahm die Aufgabe beherzt an, mit energischem und zugleich sinnlichem Strich, ausgefeilter Technik und subtilen Klangfinessen. Bei aller Straffheit gestaltete sie die beiden, einander recht ähnlichen Adagios sehr gesanglich und klangrein. In ein hinreißendes Charakterstück aus sonorer Strenge und dramatischem Ernst verwandelte das Neue Kammerorchester Potsdam unter Ud Joffe im intensiven Dialog mit der ausdrucksvollen Solovioline das Adagio des A-moll-Konzerts. Ein sprühendes Feuerwerk springender Gigue-Hüpfer im Finalsatz kontrastierte schalkhaft dazu, bevor die unvergängliche „Air“ aus der Ouvertüre BW 1068 einen besinnlichen Schlusspunkt setzte. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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