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Kultur: Beatles und Händel

Les Boréades de Montréal in der Friedenskirche

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Die Überraschung blieb aus. Nicht mit dem Cembalo, der Gambe oder der Traversflöte eröffneten Les Boréades de Montréal ihr Beatles-Potpourri am Sonntagabend. Mit den bekannten Akkorden auf der Akustikgitarre, wie bei jeder Lagerfeuersession, wurde „Here comes the sun“ angestimmt.

„Beatles Baroque“ nennen die kanadischen Musiker diesen Programmteil, den sie den bekannten Liverpooler Pilzköpfen widmen. Das Konzept ist schnell durchschaut: Ein renommiertes Ensemble für Alte Musik nimmt sich britischer Pop-Klassiker an, um so mehr als nur die üblichen Verdächtigen für ihre Konzerte zu interessieren. U-Musik trifft E-Musiker. Für den Großteil des Publikums in der fast ausverkauften Friedenskirche Sanssouci wurde das zu einem Vergnügen sondergleichen. Für eine Handvoll Klassik-Enthusiasten das Gegenteil.

Bedarf es wirklich eine Adaption ins Klassische, um zu zeigen, dass John Lennon und Paul McCartney ein herausragendes Songwriter-Duo waren? Die elf Musiker von Les Boréades de Montréal beließen es bei ihrem „Beatles Baroque“ die Musik solcher Gassenhauer wie „Elenor Rigby“, „Lady Madonna“ und „Penny Lane“ einfach auf ihre Instrumente zu übertragen. Was bei der Akkordvariation beim Intro von „Because“ auf dem Cembalo interessante Parallelen zu klassischen Stücken weckt, verlor sich schnell in einer Beliebigkeit der Melodien, die fast immer zum Mitpfeifen genau nachgespielt wurden. Und als Francis Colpron, einer der Gründer von Les Boréades de Montréal, auf der Blockflöte „Yesterday“ schmachtete, stellte sich die drängende Frage, was das bloß soll. Von Einfallsreichtum kann hier niemand sprechen. Doch wie gesagt, das war das Gefühl einer Minderheit. Der überwiegende Rest feierte dieses Beatles-Medley begeistert.

Den ersten Teil ihres Programms hatten Les Boréades de Montréal der Alten Musik gewidmet und gezeigt, was dieses Ensemble auszeichnet. Schon mit Anthony Holbornes „Pavane Paradiso“ schufen die Musiker ein feines, phantasievolles und mit jeder Note eindringliches Klangbild. Nach John Dowlands „Sir Henry Unton“s Funeralls“, getragen ohne schwer zu klingen, folgten zwei Tänze von William Brade. Ob musikalische Trauer oder Ausgelassenheit, die Musiker bildeten immer eine Einheit, niemand drängte sich vor. Der Klang als großes Ganze, in dem die Stimmen gleichberechtigt Akzente setzen, machte vor allem Händels Concerto Grosso G-Dur op.3 zu einem Erlebnis.

Es folgten Händels „Ombre Palide“ und „Non vuo mai“, wo Francis Colpron auf der Traversflöte und Matthew Jennejohn auf der Oboe ein paar solistische Extravaganzen erlaubt waren. Die aber immer mit der Zurückhaltung genutzt wurden, die nur ein herausragendes Ensemble auszeichnet. Dirk Becker

Dirk Becker

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