Kultur: Begeistert und betört
Les Brünettes in der Neuendorfer Kirche
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Sie kamen, sangen und bezauberten in der Alten Neuendorfer Kirche so sehr, dass beinahe Ort und Zeit abhanden kamen. Nach dem Konzert der vier jungen Damen von Les Brünettes könnte man ihren Namen glatt in Les Sirènes umbenennen. Bezirzt von glockenhellem, mehrstimmigem A-capella-Gesang, französischem Charme und weiblicher Anmut lagen ihnen die Zuhörer praktisch zu Füßen.
Im Rahmen der Potsdamer Jazztage stellten die Sängerinnen ihr neues Album „A woman thing“ vor. Die „Hommage an starke, kreative und sinnliche Frauen“ enthält Stücke von Edith Piaf, Joni Mitchel, Aretha Franklin, Nina Simone, Mercedes Sosa. Der weit offene Horizont reicht von Folk bis Gospel, von Jazz zu Weltmusik, doch es mangelt dem Programm ein wenig an sinnstiftender Dramaturgie. Ausschlaggebend für die Auswahl war wohl das, was den Sängerinnen gut in die Kehlen passt und reichlich Gelegenheit zum Summen und Säuseln, Trällern, Tremolieren und Tirilieren, Scatten und Swingen gibt. Das beherrschen sie aus dem Effeff, sogar die ungewohnte Situation, ohne Mikrofon zu singen, bringt sie nicht aus dem Konzept, sondern beweist perfekte Intonation und differenzierte Abstimmung untereinander. Allerdings überwiegen die hohen Sopranlagen, ein wenig mehr Tiefe würde dem Gesamtklang guttun. Drauf haben sie es teilweise schon, wie man manchmal hören kann, aber es kommt bei diesen Stücken kaum zum Tragen.
Den sonnigen Schöngesang ein wenig loslassen darf die temperamentvolle Frontfrau Juliette Brousset mit lautem Skandieren in „L’homme a la moto“. Stephanie Neigel, Julia Pellegrini und Lisa Herbolzheimer vervollständigen das Quartett, das an der Musikhochschule Weimar zusammengefunden hat. Mit Fingerschnipsen, Klatschen, dekorativen Armbewegungen und Schreiten durch das Publikum wird das kleine Konzert in der ausverkauften Kirche aufgelockert. Und natürlich mit Flirten und Anschmachten einiger anwesender Herren, die das wohl kaum erwartet hatten. Auch wenn sie beim Udo-Jürgens-Potpourri zuletzt fast wirken wie eine angeheiterte Mädchengruppe bei einem Junggesellinnenabschied, mindert das nicht die Begeisterung des betörten Publikums, das sich mit prasselndem, langanhaltendem Beifall bedankt. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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