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Robert Neumann spielt in Potsdam: Beifahrer, Hotelgast, Wunderkind
Der 13-jährige Robert Neumann ist ein Ausnahmetalent. Am Samstag spielt er im Palais Lichtenau.
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Neunmal hat Robert Neumann innerhalb der letzten zwölf Tage vor Publikum Klavier gespielt, darunter zweimal im Festspielhaus von Bregenz das erste Klavierkonzert von Sergei Prokofieff. Der 13-Jährige war zum Internationalen Klavierfestival junger Meister am Bodensee eingeladen. Doch allzu neu dürfte das Ganze für den jungen Pianisten nicht gewesen sein: Er gilt als Ausnahmetalent und hat schon zahlreiche Preise und Stipendien erhalten, unter anderem von der namhaften Liechtenstein-Akademie.
Einigen Potsdamern wurde Robert Neumann bereits als Teilnehmer der Edwin-Fischer-Sommerakademie im vergangenen Jahr bekannt. Mit seiner transparenten und plastisch ausgewogenen Interpretation der ersten Ballade von Frédéric Chopin begeisterte er damals die Zuhörer beim Abschlusskonzert in der Orangerie vom Schloss Glienicke. Jetzt kommt Robert Neumann erstmalig für ein Solo-Recital nach Potsdam. Im Palais Lichtenau trägt er am kommenden Sonnabend ein anspruchsvolles Programm mit Werken von Johann Sebastian Bach, Chopin, Franz Liszt sowie ein eigenes Stück vor.
Bach als Spitze der musikalischen Evolution
Am Anfang steht die Fantasie f-Moll von Johann Sebastian Bach, ein einzigartiges, sehr freies und weltlich inspiriertes Stück, das höchst ungewöhnlich für die Barockzeit ist. Im Gespräch mit den PNN zeigt sich Robert Neumann, der sein Programm auch moderieren wird, eloquent und selbstbewusst. Dass er mit einem Bachstück beginnen wird, erscheint ihm ganz natürlich, wie er sagt: „Ich habe festgestellt, dass sich alle Musik auf Bach zurückführen lässt, er ist die Spitze der musikalischen Evolution.“
Von Franz Liszt, dem Klaviergott des 19. Jahrhunderts, spielt Robert Neumann gleich zwei herausfordernde Werke. Sicher gehört die von Dante Aligheris „Göttlicher Komödie“ inspirierte Fantasie-Sonate „Après une Lecture de Dante“ zum Gipfel der Klavierliteratur ihrer Zeit, der erst einmal erklommen werden muss. Zugleich ist sie ein bildhaftes und symbolisch angelegtes Werk, das den wilden Ritt der Seele in die Hölle beschreibt und schließlich in himmlischer Verklärung endet. Anschließend spielt Robert Neumann den elektrisierenden ersten Mephisto-Walzer von Franz Liszt, der gelungenste aller vier Mephistowalzer, wie er sagt. Nach einer Ballade und zwei Nocturnes von Frédéric Chopin darf man dann gespannt sein auf eine eigene Komposition, eine Fantasie f-moll. Das Komponieren und Improvisieren gehört für Robert Neumann essentiell dazu. Am liebsten möchte er später Komponist werden, gleichzeitig bewertet er diesen Wunsch nicht unkritisch: „Das ist ja heutzutage ein bisschen schwierig. Wenn ich aus einem modernen Konzert komme, bin ich oft so ungesättigt, denn es erklingen ja weder Melodien noch Harmonien oder Phrasen.“
Robert liest gerne Platon auf Alt-Griechisch
Zum Komponieren verfügt er zwar über ein entsprechendes Computerprogramm, doch das, sagt er, ist ihm viel zu umständlich, sodass er selber lieber mit der Hand schreiben würde, ganz altmodisch auf dem Notenblatt. Die Musikhochschule Freiburg hat ihn als Jungstudenten angenommen, das Studium dort läuft parallel zum regulären Unterricht in der zehnten Klasse eines Stuttgarter Gymnasiums. „Das läuft so nebenbei“, sagt er. Das Abitur will er aber dennoch machen.
Nach eigenen Angaben übt er täglich zwei bis drei Stunden Klavier, „viel zu wenig“, sagt er selbstkritisch. Wenn ihm Zeit bleibt, liest er philosophische Lektüre, etwa Platon auf Alt-Griechisch. Klingt verrückt? Nun, es erscheint zumindest etwas weniger erstaunlich, wenn man weiß, dass Robert von klein auf häufig in Griechenland weilt, wo seine Mutter, eine Pianistin, herstammt. Sein Vater, ein Geiger aus der ehemaligen Sowjetunion, spielt in einem deutschen Orchester. Robert sei kein Wunderkind im zwiespältigen Sinne des Wortes, betont Alexander Untschi, der den einmaligen Klavierabend im Palais Lichtenau organisiert, sondern ein reifer Musiker. Humorvoller drückt es Robert aus: „Hauptberuflich bin ich Beifahrer und Hotelbewohner, denn als Musiker sieht man einfach nichts.“ Das ist wohl der Preis für ein Leben in der Welt der Töne, die, wie sein Namensvetter Robert Schumann sagte, eine höhere Poesie als Worte darstellen.
Robert Neumann spielt am Samstag, 18. April, um 19.30 Uhr im Palais Lichtenau, Behlertstraße 31. Karten über Alexander Untschi (untschi@gmail.com).
Babette Kaiserkern
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