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Kultur: Bekehrung

Reverend Shine Snake Oil Company im Waschhaus

Stand:

„We come out, when the sun goes down!“ Schnaufend atmet er dunkel und kratzig in sein Mikrofon. Keuchend wie ein wilder Stier, der vor lauter Reizüberflutung auszurasten droht. Er umklammert das Mikro, als würde er es zerdrücken, angeheizt vom vibrierenden Rhythmus des Liedes. „Come out, when the sun goes down!“, wiederholt der Rest der Band wie ein Echo. Dabei musste sich die Band Reverend Shine Snake Oil Company die Gunst des Publikums am vergangenen Freitagabend im Potsdamer Waschhaus erst zurückgewinnen. Denn wie ein Stillleben stehen Schlagzeug, Bass und Kontrabass im Scheinwerferlicht und warten gespielt zu werden. Eine Stunde lang. Ungeduld und Ärger spricht aus den Gesichtern der Konzertbesucher, als die Band endlich auf die Bühne tritt.

Kritisch betrachtet das Publikum nun die Performance der ersten Lieder. Auf der Bühne strotzen derweil die vier Musiker mit Wurzeln in New York, Deutschland und Dänemark vor Coolness. Ein Schluck Whisky, Schlips und Sonnenbrille in Position gebracht und dann fliegt die Melodie des Kontrabasses durch den Raum. So speziell wie ihr Auftritt ist auch der Musikstil. Ein leidenschaftlich ehrlicher Musikcocktail aus bluesigen, jazzigen als auch souligen Elemente, die ab und an auch mit rockigen Gitarrenriffs kombiniert werden. Eigentlich recht tanzbar, doch die knapp 30 Besucher wippen nach wie vor nur auf der Stelle. Claudius Pratt, dem hitzigen Sänger, reicht es. Energisch fordert er das Publikum auf, endlich näherzukommen, mitzutanzen und mitzusingen. Beißen würde er nicht und die Gefahr, vollgeschwitzt zu werden, müsste man eingehen. Zaghaft leistet die Mehrheit Gehorsam. Ob der Funke heute Abend noch überspringt?

Die Waffe heißt in diesem Fall: noch mehr musikalisches Feuer. Die Lieder von ihrem zweiten Album „Billigerent“, was so viel wie angriffslustig und kriegerisch heißt, eignen sich dafür überaus gut. Mit einem Megafon verleiht Pratt seinen Texten den notwendigen Nachdruck und ist dabei alles andere als steif. Am Ende liegt er auf der Bühne und singt Texte, die von Hemmungslosigkeit und Erlösung erzählen und brennt so ein rauschendes Bild in die Köpfe der Zuschauer, während sich Reverend Shine Snake Oil Company im spirituellen Sinne mit „Bless you!“ verabschieden. Friederike Haiser

Friederike Haiser

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