Kultur: Belanglos und brav
Benefizkonzert mit „La Gioia“ in der Friedenskirche Sanssouci
Stand:
Glaubt man den Annalen, so haben sie am Hofe in Rheinsberg nie Mozart gespielt. Jedenfalls nicht zu dessen Lebzeiten. Das holte die Rheinsberger Hofkapelle 2006, ein jährlich wechselndes Ensemble junger Musiker, die sich auf ihr Vorbild der kurprinzlichen Hofkapelle berufen und von der Bundes- und Landesakademie Rheinsberg mit dem Titel einer „Rheinsberger Hofkapelle“ ausgezeichnet werden, nun bei einem Benefizkonzert zugunsten der Volkssolidarität mit ihrer „Suppenküche“ nach. Dazu hatten, von den Lions bis zu den Rotariern, die sechs Potsdamer Clubs in die Friedenskirche eingeladen, um zum bereits vierten Mal von ihrem sozialen Verantwortungsbewusstsein tatkräftig zu künden.
Das Gotteshaus war gut besucht – bis zur Pause. Danach blieben viele Plätze leer. Lag es daran, dass viele auf das Erscheinen einer tatsächlichen Kapelle vertrauten und sich enttäuscht sahen, als mit „La Gioia“ ein fünfköpfiges Instrumentalensemble erschien, das Kammermusik spielte?! Und die wird, angesiedelt zwischen Barock und Klassik, nicht jedermanns Geschmack gewesen sein. Zumal es sich um eine kontrastarme Programmzusammenstellung handelte, bei der die galanten Klänge vorherrschten. Trotz großer Namen wie Telemann, Mozart oder Vivaldi erwies sich das Gebotene oft als gefällige Dutzendware. Den unterhaltsamen Kompositionen mangelte es am zündenden Funken, dem Gespielten an gestalterischer Intensität. Man musizierte auf Stilkopien historischer Instrumente, die Frauke Rauterberg (Altblockflöte), Catherine Aglibut und Britta Gemmeker (Violine), Michail Urywajew (Barockcello) und Beni Araki (Cembalo) klangvoll wieder zu beleben trachteten. Bereits in Telemanns Concerto di camera mieden sie den Eindruck von rasenden Reportern durch die Alte-Musik-Szene, stattdessen erwiesen sie sich als solide Wegbeschreiter, die gemessenen Schritts ihr Terrain erkundeten. Es hatte alles das rechte Klangmaß, doch allein damit war der Musik nicht immer ein guter Dienst erwiesen. Mit großem Ton erklang das B-Dur-Trio KV 266 des 21-jährigen Mozart, wenig später des 15-Jährigen Concerto G-Dur KV 107, Adaption einer Sonate von Johann Christian Bach für Cembalo, zwei Violinen und Violoncello. Es gab rauschendes Tastenspiel en masse zu hören, einen gestalterischen Funken nicht.
Interesse erweckte Carl Heinrich Grauns G-Dur-Sonate für Voice Flute (einer umgestimmten Blockflöte mit dem Klang einer Traversiere) und Basso continuo. In ihr verbreiteten sich empfindsame Klänge, die auszuführen auch einem Friedrich Zwo sicherlich keinerlei Atem- und Gestaltungsprobleme bereitet haben dürfte. Von seinem einstigen Lautenviolon-Spieler Johann Gottlieb Janitsch (1708-1763) erklang ein Quadro, das sich als ein belangloses Dreisatzstück entpuppte, bei dem sich sicherlich munter plaudern oder flanieren ließe. Ziemlich uninspiriert ertönte abschließend Vivaldis Concerto a-Moll für Altblockflöte, bei dem selbst die Allegro-Sätze trotz flinken Zugriffs nicht recht zünden wollten. Zu den Stücken steuerte Musikakademiechefin Ulrike Liedtke verbindende und erläuternde Worte in der Manier einer Musikunterrichtsstunde bei. Fazit des Abends: Der Weg zu einer Rheinsberger Hofkapelle, die den Namen tatsächlich verdient, ist noch weit.Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: