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Kultur: Berliner Ensemble

Manfred Karge, Schauspieler: „Heute ist das keine Kantine mehr, sondern eine öffentliche Gaststätte. Das ist, als würden in meiner Wohnstube ständig irgendwelche Leute sitzen.

Stand:

Manfred Karge, Schauspieler: „Heute ist das keine Kantine mehr, sondern eine öffentliche Gaststätte. Das ist, als würden in meiner Wohnstube ständig irgendwelche Leute sitzen. Man ist nicht mehr so unter sich wie früher, und es ist auch nicht mehr so gemütlich. Auch wegen des Rauchverbots. Deshalb stehen die Schauspieler nach der Vorstellung meist vor der Tür. Im Sommer ist das kein Problem, weil wir ja einen schönen Garten haben. Da kann man ganz schön klebenbleiben. Dann trinkt man nach der Vorstellung in gelöster Stimmung ein Bier, raucht eine Zigarre und plaudert: Wie war’s? Hat einer den Text vergessen, oder waren Handys an im Zuschauerraum? Keine hochtrabenden Gespräche über Inszenierungen und Stücke. Wir hatten einen wunderbaren Koch hier, der ist gestorben. Harry, eine Seele von Mensch, immer guter Laune, der war ein besonderer Typ. Der sah aus wie ein Koch aus dem Märchenbuch: kugelrund, klein, die hohe Mütze. Ein ganz lieber und feiner Kerl, immer ein nettes Wort auf den Lippen. Und in den 60er Jahren gab es mal eine denkwürdige Veranstaltung: Wolfgang Neuss wollte in Ost-Berlin auftreten, und da hat ihn Helene Weigel in die Kantine eingeladen. Wir hatten ein kleines Podest aufgestellt, mit Schlagzeug und Mikrofon. Da hat er sein Programm gespielt: ‚Der Mann mit der Pauke‘. Das hatte sich dermaßen rumgesprochen, dass 300 oder 400 Leute in der Kantine standen wie die Heringe. Ein tolles Erlebnis. Die Weigel war ab und an hier und hat zugeguckt, wenn man aß. Sie hat mir gegenübergesessen, und wenn ich aufgegessen hatte, fragte sie: ‚Noch eine Portion?‘ Ich habe damals zugelangt. ‚Der Karge, der nimmt noch eine Portion.‘ Dann hat sie mir noch eine bestellt.“

Adresse: Bertolt-Brecht-Platz 1

Öffnungszeiten: Mo-Sa 9-0, So 16-0

Ein Essen kostet höchstens: 5,00 Euro

In drei Worten: legendär, versteckt, (leicht) steril

Besonderheit: Früher-war-alles-besser-Gefühl

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