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Präsent. Klaus Hoffmann.

© Andreas Klaer

Kultur: Berliner Grandseigneur

Klaus Hoffmann blickte am Freitag im Hans Otto Theater auf sein Leben zurück

Stand:

Wenn Klaus Hoffmann über „Das süße Leben“ singt und erzählt, dann ist es primär Hoffmanns eigenes Leben, das er wort- und gestenreich vor allen Anwesenden ausbreitete. So war es weniger ein Konzert denn eine autobiografische Inszenierung des Berliner Grandseigneurs und Lebemannes. Berlin ist ein immer wiederkehrender Topos bei Hoffmann. Mit einer fast an Arroganz grenzenden Jovialität wirkt Hoffmann bemerkenswert präsent, man klebt ihm förmlich an den Lippen, wenn er mit sonorer Stimme und ausladenden Gesten mit dem Publikum interagiert. Und er ist permanent in Bewegung, läuft auf und ab und unterstreicht seine Lieder mit pantomimischen Elementen.

Sei es die Retrospektive auf sein Leben, welche beinahe wie ein Requiem wirkt, seien es die Lieder über Liebe, Hoffmann durchdringt einen mit seiner ausgeprägten Emotionalität. „Ich erzählte damals anderen Kindern Geschichten, im Grunde hat sich bis heute nichts geändert“, erzählte er und setzte in der Nachkriegszeit an. Es folgten Anekdoten, die fließend in Lieder übergingen. Das Faszinierende dabei: Man wusste nie, wann das nächste Lied begann, so geschickt wurden diese in die Erzählungen eingeflochten. Hoffmann hatte die Hände gefaltet, den Kragen geöffnet und das Kinn leicht erhoben, war Dirigent und Animateur und erschuf so eine beeindruckende Balance zwischen Ironie und Dramatik.

Und immer wieder Berlin, dessen Namen er oft unerwähnt lässt und stattdessen auf „die Stadt“ verkürzt. Hoffmann ist ganz Eckkneipenpoet, wenn er sich selbst so anekdotisch in der Geschichte Berlins verortet. So tauchen auch die anderen Vertreter der Berliner Geschichte auf, zu denen Hoffmann eine intensive Beziehung pflegte und auch heute noch pflegt: Reinhard Mey natürlich, Hannes Wader – von dem er das Gitarrestimmen lernte – , und auch Harald Juhnke bekommt einen Platz in Hoffmanns Autobiografie. Er muss sich mitteilen, rekapitulieren – „Weiß ich noch“ ist die am meisten benutzte Floskel.

Tiefsinnig, doppelbödig sind seine Texte, er singt derart metaphorisch über die Liebe, dass man keinerlei Pathetik feststellen kann. Lediglich der wabernde Keyboardteppich seines großartigen Pianisten Hawo Bleich, der hinter der Präsenz Hoffmanns fast zu verschwinden drohte, wirkte ab und an ein wenig zu überdramatisch, Gitarre und Flügel hätten als Begleitung vollkommen ausgereicht. Beeindruckend auch Hoffmanns Jacques-Brel-Hommagen, denen er ein ganzes Album gewidmet hatte: Seine Versionen von „Amsterdam“ und „Geh nicht fort von mir“ („Ne me quitte pas“) sind keinesfalls nur Übersetzungen, es sind Interpretationen, die meilenweit von einer Brel-Imitation entfernt sind. Hoffmann kann singen, aber wie viel Pathos er in seine Stimme zu legen im Stande war, das sorgte schon für Gänsehaut.

Und doch ist Klaus Hoffmann in seinem 62. Lebensjahr angekommen, was nicht nur die Absicht, sein „süßes Leben“ Revue passieren zu lassen, unterstrich. Er kokettierte mit dem Alter, wirkte beinahe schwermütig. Und als er bei der Verbeugung auf halber Höhe verharrte, da merkte man den gealterten Chansonnier dann recht deutlich. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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